Papier: 03.02.01.01 Der IT-Planungsrat - NEU

Originalversion

1 Die erfolgreiche Digitalisierung der öffentlichen
2 Verwaltungsprozesse kann nur gelingen, wenn Bund, Länder und
3 Kommunen die Entwicklung und den Betrieb ihrer
4 Informationstechnik abstimmen. Inhalte dieser Abstimmung
5 sind insbesondere
6 • technische und organisatorische Standards, die den
7 Austausch von Informationen und Interoperabilität der
8 Verwaltungssysteme ermöglichen,
9 • gemeinsame Kommunikationsinfrastrukturen, um die
10 Realisierung dieser Standards zu ermöglichen, unter
11 Berücksichtigung der kommunalen Selbstverwaltung
12 • gemeinsame Systeme und Betriebseinheiten, um die
13 Wirtschaftlichkeit der Informationstechnik zu erhöhen, unter
14 Berücksichtigung der kommunalen Selbstverwaltung
15 • die Entwicklung und Fortschreibung einer gemeinsamen
16 E-Government Strategie, und
17 • die Vereinbarung und Steuerung konkreter Projekte zur
18 Umsetzung dieser Strategie.
19
20 Die Erfahrung hat gezeigt, dass die grundgesetzlichen
21 Rahmenbedingungen der öffentlichen Verwaltung in Deutschland
22 erhebliche Hürden für ein solches kooperatives Vorgehen
23 darstellen. Ressortprinzip, föderale Strukturen, kommunale
24 Selbstverwaltung und Gewaltenteilung haben zu einer
25 erheblichen Zersplitterung der Informationstechnik geführt.
26 Zwar gab es immer schon Bemühungen um bessere Koordination,
27 diese waren jedoch auf Freiwilligkeit begründet und waren
28 häufig mit dem verfassungsrechtlichen Verbot der
29 Mischverwaltung belastet.
30 Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber 2009 mit Artikel
31 91c GG endlich Rechtssicherheit geschaffen und klargestellt,
32 dass
33 • Bund und Länder bei der Planung, der Errichtung und dem
34 Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung benötigten
35 informationstechnischen Systeme zusammenwirken können,
36 • Bund und Länder auf Grund von Vereinbarungen die für die
37 Kommunikation zwischen ihren informationstechnischen
38 Systemen notwendigen Standards und Sicherheitsanforderungen
39 festlegen können,
40 • die Länder darüber hinaus den gemeinschaftlichen Betrieb
41 informationstechnischer Systeme sowie die Errichtung von
42 dazu bestimmten Einrichtungen vereinbaren können, und
43 • der Bund zur Verbindung der informationstechnischen Netze
44 des Bundes und der Länder ein Verbindungsnetz errichtet.
45
46 Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage haben Bund und
47 Länder im April 2010 den IT-Staatsvertrag [FN:
48 Bundesministerium der Justiz (BMJ): Vertrag über die
49 Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der
50 Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in
51 den Verwaltungen von Bund und Ländern – Vertrag zur
52 Ausführung von Artikel 91c GG (Anlage des Gesetzes zum
53 Vertrag über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die
54 Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der
55 Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und
56 Ländern – Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c GG) vom 20.
57 November 2009.
58 http://www.gesetze-im-internet.de/ggart91cvtr/BJNR066300010.
59 html] geschlossen, in dem der IT-Planungsrat als oberstes
60 IT-Koordinierungsgremium etabliert wurde.
61 Der IT-Planungsrat ist als Bund-Länder-Gremium unterhalb der
62 Konferenz des Chefs des Bundeskanzleramtes mit den Chefs der
63 Staats- und Senatskanzleien angesiedelt. Ihm gehören
64 folgende entscheidungsberechtigte Mitglieder an:
65 • die Beauftragte der Bundesregierung für
66 Informationstechnik und
67 • jeweils ein für Informationstechnik zuständiger Vertreter
68 jedes Landes mit der erforderlichen Entscheidungskompetenz.
69
70 Darüber hinaus nehmen mit beratender Stimme
71 • drei Vertreter der Gemeinden und Gemeindeverbände, die von
72 den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene entsandt
73 werden und
74 • der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die
75 Informationsfreiheit
76
77 an den Sitzungen teil. Damit sind erste organisatorische
78 Voraussetzungen für eine bessere Koordination gegeben.
79 Hervorzuheben ist, dass der IT-Planungsrat seine
80 Entscheidungen mit Stimmenmehrheit von Bund und 11 Ländern
81 (mit 2/3 Finanzierungsanteil nach Königsteiner Schlüssel)
82 treffen kann. Damit wird das bislang vorherrschende
83 Einstimmigkeitsprinzip aufgegeben, das immer wieder zu
84 zeitraubenden Blockaden geführt hat, wenngleich dadurch auch
85 die Möglichkeit besteht, dass innovative Einzelinitiativen
86 nicht berücksichtigt werden. Inwieweit die Beteiligung der
87 Kommunen mit nur drei Vertreter/innen ohne Stimmrecht
88 ausreicht, wird sich erweisen. Es besteht die Möglichkeit,
89 dass auf Bundes- und Landesebenen normensetzende Verfahren
90 beschlossen werden, deren Folgen für die kommunalen
91 Infrastrukturen erst mit Verzögerung deutlich werden und nur
92 noch schwerlich veränderbar sind.
93 Ein weiterer wichtiger Punkt des Rahmenvertrages ist die
94 Verpflichtung zur gegenseitigen Information vor neuen
95 Projekten. Die IT-Landschaft der öffentlichen Verwaltung ist
96 heterogen. Teilweise beruht dies auf der Unkenntnis
97 bezüglich anderer Lösungen, teilweise aber auch auf dem
98 Wunsch nach eigenen Systemen. Die verpflichtende
99 Unterrichtung im IT-Planungsrat wird auf jeden Fall dazu
100 führen, dass „notorische Neuerfinder“ ihre Alleingänge vor
101 Haushaltsausschüssen und Rechnungshöfen rechtfertigen
102 müssen.
103 Mit der nationalen E-Government-Strategie hat der
104 IT-Planungsrat im Frühjahr 2012 seinen ersten umfassenden
105 Arbeitsplan für die nächsten Jahre vorgelegt. Die Umsetzung
106 dieser ganzheitlichen Strategie findet gleichwohl unter
107 schwierigen Rahmenbedingungen statt:
108 • Aus der Formulierung des Art. 91c GG wird jedoch deutlich,
109 dass der Gesetzgeber die Bund-Länder-Kooperation ermöglicht,
110 nicht jedoch zwingend einfordert. Einsicht und
111 Freiwilligkeit sind weiterhin die bestimmende
112 Arbeitsgrundlage eines ebenenübergreifenden E-Governments.
113 • Weder Art 91c noch der IT-Staatsvertrag setzen
114 Vergaberecht, Ressortprinzip, Länderhoheit und kommunale
115 Selbstverwaltung außer Kraft. Es wird also auch weiterhin
116 erheblicher Aufwand zur Abstimmung und Überzeugung aller
117 Beteiligten erforderlich sein.
118 • Die Mitglieder des IT-Planungsrates sind in der Regel
119 Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, die ihre CIO-Rolle
120 nur im Nebenamt ausüben und nicht immer selbst über das
121 erforderliche Wissen und die notwendige Erfahrung zur
122 strategischen Steuerung ihrer IT mitbringen. Dieser Umstand
123 hat zur Folge, dass die tatsächliche IT-Steuerung durch die
124 Fachbeamten erfolgt, die eigentlich zu steuern wären.
125
126 Die IT-Steuerung der öffentlichen Verwaltung ist nicht mit
127 der eines Unternehmens vergleichbar. Dies kann auch nicht
128 das Ziel sein, denn in einem föderalen Staat sind von Bund,
129 Ländern und Gemeinden auch Belange des Allgemeinwohls und
130 der Kostenminimierung zu berücksichtigen.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Die erfolgreiche Digitalisierung der öffentlichen
2 Verwaltungsprozesse kann nur gelingen, wenn Bund, Länder und
3 Kommunen die Entwicklung und den Betrieb ihrer
4 Informationstechnik abstimmen. Inhalte dieser Abstimmung
5 sind insbesondere
6 • technische und organisatorische Standards, die den
7 Austausch von Informationen und Interoperabilität der
8 Verwaltungssysteme ermöglichen,
9 • gemeinsame Kommunikationsinfrastrukturen, um die
10 Realisierung dieser Standards zu ermöglichen, unter
11 Berücksichtigung der kommunalen Selbstverwaltung
12 • gemeinsame Systeme und Betriebseinheiten, um die
13 Wirtschaftlichkeit der Informationstechnik zu erhöhen, unter
14 Berücksichtigung der kommunalen Selbstverwaltung
15 • die Entwicklung und Fortschreibung einer gemeinsamen
16 E-Government Strategie, und
17 • die Vereinbarung und Steuerung konkreter Projekte zur
18 Umsetzung dieser Strategie.
19
20 Die Erfahrung hat gezeigt, dass die grundgesetzlichen
21 Rahmenbedingungen der öffentlichen Verwaltung in Deutschland
22 erhebliche Hürden für ein solches kooperatives Vorgehen
23 darstellen. Ressortprinzip, föderale Strukturen, kommunale
24 Selbstverwaltung und Gewaltenteilung haben zu einer
25 erheblichen Zersplitterung der Informationstechnik geführt.
26 Zwar gab es immer schon Bemühungen um bessere Koordination,
27 diese waren jedoch auf Freiwilligkeit begründet und waren
28 häufig mit dem verfassungsrechtlichen Verbot der
29 Mischverwaltung belastet.
30 Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber 2009 mit Artikel
31 91c GG endlich Rechtssicherheit geschaffen und klargestellt,
32 dass
33 • Bund und Länder bei der Planung, der Errichtung und dem
34 Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung benötigten
35 informationstechnischen Systeme zusammenwirken können,
36 • Bund und Länder auf Grund von Vereinbarungen die für die
37 Kommunikation zwischen ihren informationstechnischen
38 Systemen notwendigen Standards und Sicherheitsanforderungen
39 festlegen können,
40 • die Länder darüber hinaus den gemeinschaftlichen Betrieb
41 informationstechnischer Systeme sowie die Errichtung von
42 dazu bestimmten Einrichtungen vereinbaren können, und
43 • der Bund zur Verbindung der informationstechnischen Netze
44 des Bundes und der Länder ein Verbindungsnetz errichtet.
45
46 Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage haben Bund und
47 Länder im April 2010 den IT-Staatsvertrag [FN:
48 Bundesministerium der Justiz (BMJ): Vertrag über die
49 Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der
50 Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in
51 den Verwaltungen von Bund und Ländern – Vertrag zur
52 Ausführung von Artikel 91c GG (Anlage des Gesetzes zum
53 Vertrag über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die
54 Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der
55 Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und
56 Ländern – Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c GG) vom 20.
57 November 2009.
58 http://www.gesetze-im-internet.de/ggart91cvtr/BJNR066300010.
59 html] geschlossen, in dem der IT-Planungsrat als oberstes
60 IT-Koordinierungsgremium etabliert wurde.
61 Der IT-Planungsrat ist als Bund-Länder-Gremium unterhalb der
62 Konferenz des Chefs des Bundeskanzleramtes mit den Chefs der
63 Staats- und Senatskanzleien angesiedelt. Ihm gehören
64 folgende entscheidungsberechtigte Mitglieder an:
65 • die Beauftragte der Bundesregierung für
66 Informationstechnik und
67 • jeweils ein für Informationstechnik zuständiger Vertreter
68 jedes Landes mit der erforderlichen Entscheidungskompetenz.
69
70 Darüber hinaus nehmen mit beratender Stimme
71 • drei Vertreter der Gemeinden und Gemeindeverbände, die von
72 den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene entsandt
73 werden und
74 • der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die
75 Informationsfreiheit
76
77 an den Sitzungen teil. Damit sind erste organisatorische
78 Voraussetzungen für eine bessere Koordination gegeben.
79 Hervorzuheben ist, dass der IT-Planungsrat seine
80 Entscheidungen mit Stimmenmehrheit von Bund und 11 Ländern
81 (mit 2/3 Finanzierungsanteil nach Königsteiner Schlüssel)
82 treffen kann. Damit wird das bislang vorherrschende
83 Einstimmigkeitsprinzip aufgegeben, das immer wieder zu
84 zeitraubenden Blockaden geführt hat, wenngleich dadurch auch
85 die Möglichkeit besteht, dass innovative Einzelinitiativen
86 nicht berücksichtigt werden. Inwieweit die Beteiligung der
87 Kommunen mit nur drei Vertreter/innen ohne Stimmrecht
88 ausreicht, wird sich erweisen. Es besteht die Möglichkeit,
89 dass auf Bundes- und Landesebenen normensetzende Verfahren
90 beschlossen werden, deren Folgen für die kommunalen
91 Infrastrukturen erst mit Verzögerung deutlich werden und nur
92 noch schwerlich veränderbar sind.
93 Ein weiterer wichtiger Punkt des Rahmenvertrages ist die
94 Verpflichtung zur gegenseitigen Information vor neuen
95 Projekten. Die IT-Landschaft der öffentlichen Verwaltung ist
96 heterogen. Teilweise beruht dies auf der Unkenntnis
97 bezüglich anderer Lösungen, teilweise aber auch auf dem
98 Wunsch nach eigenen Systemen. Die verpflichtende
99 Unterrichtung im IT-Planungsrat wird auf jeden Fall dazu
100 führen, dass „notorische Neuerfinder“ ihre Alleingänge vor
101 Haushaltsausschüssen und Rechnungshöfen rechtfertigen
102 müssen.
103 Mit der nationalen E-Government-Strategie hat der
104 IT-Planungsrat im Frühjahr 2012 seinen ersten umfassenden
105 Arbeitsplan für die nächsten Jahre vorgelegt. Die Umsetzung
106 dieser ganzheitlichen Strategie findet gleichwohl unter
107 schwierigen Rahmenbedingungen statt:
108 • Aus der Formulierung des Art. 91c GG wird jedoch deutlich,
109 dass der Gesetzgeber die Bund-Länder-Kooperation ermöglicht,
110 nicht jedoch zwingend einfordert. Einsicht und
111 Freiwilligkeit sind weiterhin die bestimmende
112 Arbeitsgrundlage eines ebenenübergreifenden E-Governments.
113 • Weder Art 91c noch der IT-Staatsvertrag setzen
114 Vergaberecht, Ressortprinzip, Länderhoheit und kommunale
115 Selbstverwaltung außer Kraft. Es wird also auch weiterhin
116 erheblicher Aufwand zur Abstimmung und Überzeugung aller
117 Beteiligten erforderlich sein.
118 • Die Mitglieder des IT-Planungsrates sind in der Regel
119 Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, die ihre CIO-Rolle
120 nur im Nebenamt ausüben und nicht immer selbst über das
121 erforderliche Wissen und die notwendige Erfahrung zur
122 strategischen Steuerung ihrer IT mitbringen. Dieser Umstand
123 hat zur Folge, dass die tatsächliche IT-Steuerung durch die
124 Fachbeamten erfolgt, die eigentlich zu steuern wären.
125
126 Die IT-Steuerung der öffentlichen Verwaltung ist nicht mit
127 der eines Unternehmens vergleichbar. Dies kann auch nicht
128 das Ziel sein, denn in einem föderalen Staat sind von Bund,
129 Ländern und Gemeinden auch Belange des Allgemeinwohls und
130 der Kostenminimierung zu berücksichtigen.

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