Papier: 02.03.01.02 Bestandsaufnahme und Trends digitaler Beteiligungsformen an legislativen Debatten und Trends - Deutscher Bundestag

Originalversion

1 Im Petitionswesen des Deutschen Bundestages werden
2 Petitionen unterschiedlich kategorisiert (vgl. Art. 17 iVm
3 Art. 45 c Abs. 1 GG):
4 Einzelpetitionen sind Petitionen, die von einer Einzelperson
5 oder aber von einer Interessengruppe individuell zu einem
6 (persönlichen) Anliegen gestellt werden.
7 Bei Mehrfachpetitionen handelt es sich um eine (zufällige)
8 Häufung einzelner Petitionen, die das gleiche Anliegen
9 verfolgen.
10
11 Sammelpetitionen zeichnen sich dadurch aus, dass für das
12 eingereichte Anliegen systematisch Unterschriften von
13 Unterstützerinnen und Unterstützern gesammelt wurden.
14
15
16 Darüber hinaus kann auch eine Differenzierung aufgrund des
17 Übertragungsweges und der Art und Weise der Veröffentlichung
18 vorgenommen werden. E-Petitionen (= Online-Petitonen) sind
19 demnach Petitionen, die elektronisch an den
20 Petitionsadressaten eingereicht werden. Seit der
21 Modernisierung des Petitionsrechts im Jahr 2005 erfolgt die
22 Übermittlung über ein entsprechendes Formular, aus dem
23 sowohl die Postanschrift als auch die Urheberschaft an der
24 Petition hervorgeht. Ansonsten erreichen Petitionen den
25 Deutschen Bundestag auch weiterhin per Post oder per Fax.
26 Nach wie vor ist es nicht möglich, Petitionen einfach per
27 E-Mail einzureichen.
28
29 Öffentliche Petitionen können zudem nach ihrer Einreichung
30 auf der Website des Deutschen Bundestages veröffentlicht und
31 zur Mitzeichnung und Kommentierung freigegeben werden.
32 Zurzeit sind dies ca. 18 % aller eingehenden Petitionen. Der
33 Petitionstext wird dann zunächst für vier Wochen online
34 gestellt und kann in diesem Zeitraum von beliebig vielen
35 anderen Menschen durch Angabe ihres Namens unterstützt
36 werden, vorausgesetzt, diese haben sich vorher im System
37 registriert. Die Namen der Unterstützer werden öffentlich
38 für alle einsehbar und recherchierbar online gestellt. Eine
39 negative Mitzeichnung (gegen das Anliegen) ist nicht
40 möglich, jedoch kann jederzeit eine Gegenpetition
41 eingereicht werden.
42 Derzeit gilt: Wenn eine öffentliche Petition bei Einreichung
43 oder innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung im
44 Internet mindestens 50.000 Unterstützer gefunden hat, wird
45 der Petent in einer öffentlichen Beratung des
46 Petitionsausschusses angehört. Der Ausschuss kann mit einer
47 Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder
48 beschließen, dass hiervon abgesehen wird. Die öffentlichen
49 Sitzungen des Petitionsausschusses werden im
50 Parlamentsfernsehen übertragen. Zudem sind die Sendungen im
51 Internet übertragen und können dort auch jederzeit als
52 Video-on-Demand auf der Webseite des Bundestages abgerufen
53 werden.
54
55 Öffentliche Petitionen am Deutschen Bundestag unterliegen
56 einem besonderen Zulassungsverfahren. Die Kriterien der
57 Zulassung werden teilweise in den Nutzerforen der
58 E-Petitionsplattform kritisch diskutiert. Bei einer
59 Befragung von Einreichern öffentlicher Petitionen konnten im
60 Jahr 2009 60% der Einreichenden die Begründung für die
61 Nichtzulassung aufgrund einer fehlenden Rückmeldung bzw.
62 wegen der Unverständlichkeit der Begründung nicht
63 nachvollziehen. Von 4.598 zur Veröffentlichung eingereichten
64 Petitionen wurden 2010 nur 559, also 12,2% als öffentliche
65 Petition zugelassen. Bei etwa 50% aller zur Veröffentlichung
66 eingereichten Petitionen handelte es sich um
67 Mehrfachpetitionen. Knapp 14% wurden nicht zugelassen, weil
68 sie als für eine öffentliche Diskussion ungeeignet oder als
69 offensichtlich erfolglos eingeschätzt wurden. [FN: Büro für
70 Technikfolgenabschätzung, Elektronische Petitionen und
71 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
72 Nr. 146, Stand Juni 2011.]
73
74 Auch Petitionen, die als öffentliche Petition eingereicht,
75 jedoch nicht als solche zugelassen wurden, werden im
76 Ausschuss behandelt, wobei hierfür das herkömmliche,
77 nichtöffentliche Verfahren maßgeblich ist. Nach der Beratung
78 im Petitionsausschuss werden sowohl öffentliche als auch
79 nichtöffentliche Petitionen gemäß § 112 Abs. 1 GOBT in einer
80 als Drucksache des Deutschen Bundestages veröffentlichten
81 Sammelübersicht dem Plenum des Deutschen Bundestages zur
82 Abstimmung vorgelegt.
83
84 Die Begrenzung der Diskussionsfrist von früher sechs Wochen
85 auf ebenfalls vier Wochen- wie die Mitzeichnungsfrist - ist
86 auf die praktische Auswertbarkeit der Beiträge
87 zurückzuführen: Die Erfahrung hat gezeigt, dass über die
88 frühere Zeitspanne von sechs Wochen teilweise mehr als
89 eintausend Diskussionsbeiträge zu einer Petition eingingen.
90 Eine Untersuchung des Büros für Technikfolgen-Abschätzung
91 des Deutschen Bundestages [FN: Büro für
92 Technikfolgenabschätzung, Elektronische Petitionen und
93 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
94 Nr. 146, Stand Juni 2011.] zeigt, dass hierbei Regelverstöße
95 gering sind und die Inhalte der Foren als überwiegend
96 informativ und sachlich eingeschätzt wurden. Auch
97 Befragungen von Petenten und Nutzern der
98 E-Petitionsplattform des Deutschen Bundestages ergaben, dass
99 2009 91% die Diskussion in den Foren für informativ und 87%
100 für sachlich hielten. [FN: Büro für
101 Technikfolgenabschätzung, Elektronische Petitionen und
102 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
103 Nr. 146, Stand Juni 2011.] Das Verfahren ist in den §§ 108
104 ff GO-BT, in den Grundsätzen des Petitionsausschusses über
105 die Behandlung von Bitten und Beschwerden
106 (Verfahrensgrundsätze) und in der Anlage zu Ziffer 7.1 (4)
107 Verfahrensgrundsätze (Richtlinie für die Behandlung von
108 öffentlichen Petitionen (öP)) abschließend geregelt.
109
110 In der 16. Wahlperiode haben diese Hürde insgesamt sechs
111 Petitionen genommen, in der 17. Legislaturperiode haben
112 bisher XX [FN: Wird nachgereicht.] Petitionen das Quorum
113 erreicht. Der Anteil der elektronisch eingereichten
114 Petitionen beim Deutschen Bundestag ist seit 2006 von 17%
115 auf 36% im Jahr 2010 gestiegen. Der Anteil öffentlich
116 eingereichter Petitionen stieg im selben Zeitraum sogar von
117 5% auf 29%. Insgesamt wurden im Zeitraum von September 2005-
118 Ende 2010 mehr als 3 Mio. Mitzeichnungen für etwa 2.100
119 öffentliche Petitionen gezählt und mehr als 100.000
120 Diskussionsbeiträge geschrieben. [FN: Büro für
121 Technikfolgenabschätzung, „Elektronische Petitionen und
122 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
123 Nr. 146, Stand Juni 2011.]
124
125 Zum 1. Januar 2012 hat der Petitionsausschuss Grundsätze des
126 Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und
127 Beschwerden (Verfahrensgrundsätze) geändert. So wurde
128 beispielsweise die Mitzeichnungsfrist zum Erreichen des
129 Quorums als Option für eine öffentliche Beratung von 50.000
130 Unterstützern um eine Woche auf nunmehr vier Wochen
131 verlängert. Damit trägt der Ausschuss auch den Wünschen
132 vieler Petenten und Diskussionsteilnehmer Rechnung. Ferner
133 soll ab Mitte des Jahres 2012, wenn die neue verbesserte
134 Internetplattform online gehen wird, auch die Möglichkeit zu
135 eröffnen, die elektronischen Mitzeichnungen auf dieser
136 Plattform in pseudo-nymisierter Form abgeben zu können.
137 Dabei wird es sich jedoch im Gegensatz zum Diskussionsforum
138 nicht um frei wählbare Pseudonyme handeln, sondern um eine
139 vom System vorgegebene standardisierte Form.
140
141 Mit der Angleichung der Fristen und der Einführung der
142 anonymen Mitzeichnung setzt der Ausschuss auf mehr
143 Datenschutz, mehr Transparenz und auf eine noch
144 bürgerfreundlichere Petitionsplattform. Ziel ist es,
145 möglichst viele substanzielle Anliegen von öffentlichem
146 Interesse zur Diskussion zu stellen [FN: Pressemitteilung
147 des Deutschen Bundestages vom 16.11.2011 „Petitionsausschuss
148 ändert Verfahrensgrundsätze“, abrufbar unter
149 http://www.bundestag.de/presse/pressemitteilungen/2011/pm_11
150 11161.html ].
151 Für die Frage nach dem Erfolg von Petitionen ergibt der
152 Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr
153 2009, dass fast die Hälfte der Vorgänge im weiteren Sinne
154 positiv erledigt werden konnte. Davon wurden 38,1% durch
155 Rat, Auskunft, Verweisung und Materialübersendung erledigt,
156 7,6% wurden entsprochen und 3,5% wurden an die
157 Bundesregierung überwiesen. [FN: Büro für
158 Technikfolgenabschätzung, „Elektronische Petitionen und
159 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
160 Nr. 146, Stand Juni 2011]
161 Bei den Petenten hat sich dagegen nur bei 15,2% der Eindruck
162 ergeben, dass der Bundestag sich für ihr Anliegen engagiert
163 habe. Dennoch würden auch weiterhin 75% der Einreicher
164 öffentlicher Petitionen in einen ähnlichen Situation wieder
165 eine Petition einreichen, wobei in diesem Zusammenhang zu
166 betonen ist, dass die Durchsetzung des in der Petition
167 formulierten Anliegens selten die Motivlage für die
168 Einreichung ist. [FN: Ebda.]
169
170
171 Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft"
172
173 Der Deutsche Bundestag hat im März 2010 die
174 Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft
175 eingesetzt, an deren Arbeit sich die interessierten
176 Bürgerinnen und Bürger als sogenannte "18. Sachverständige"
177 beteiligen können. Sie können Vorschläge, Ergänzungen und
178 Änderungsanträge in die Projektgruppen einbringen, die zu
179 unterschiedlichen Themenbereichen gebildet wurden. Die
180 Projektgruppen haben auf der Microsite des Gremiums jeweils
181 ein eigenes Unterforum, in dem ihre Zielsetzung erklärt wird
182 und Vorschläge unterbreitet werden können, welche Themen
183 behandelt werden sollten. Darüber hinaus wurde ein Blog und
184 ein Twitter-Account eingerichtet. Als wesentliches
185 Instrument bedient sich die Kommission jedoch einer
186 Beteiligungsplattform [FN:
187 https://www.enquetebeteiligung.de/] im Internet, um die
188 Bürgerinnen und Bürger bei konkreten Sachfragen in die
189 inhaltliche Arbeit der Projektgruppen einzubinden. Von
190 Beginn an werden Themenvorschläge der Nutzerinnen und Nutzer
191 in die Arbeitspläne der Projektgruppen aufgenommen, bei den
192 Bestandsaufnahmen und bei den Handlungsempfehlungen
193 diskutiert sowie den Berichten der Projektgruppen beigefügt.
194 Die abgestimmten Texte der Projektgruppen wiederum werden
195 über die Beteiligungsplattform der Öffentlichkeit zugänglich
196 gemacht. Über dieses Verfahren sind die Bürger in die
197 inhaltiche Arbeit der Kommission eingebunden und können
198 eigene Vorschläge einreichen.
199
200
201 Bundesrat
202
203 Im Unterschied zum Deutschen Bundestag bietet der Bundesrat
204 keine Möglichkeit für die Einwirkung der Bürger. Dies
205 resultiert aus der verfassungsrechtlichen Stellung des
206 Bundesrates, bei dem es sich nicht um eine Volksvertretung,
207 sondern um eine Vertretung der Bundesländer handelt. Bei den
208 einzelnen Landesparlamenten besteht selbstverständlich ein
209 Petitionsrecht.
210
211
212 Externe Angebote:
213
214 Auch private Initiativen bieten das Einreichen von
215 Petitionen beim Deutschen Bundestag an. Zuvor kann auf einer
216 eigenen Plattform das Anliegen dargestellt und um
217 Mitzeichnungen geworben werden. Nach Ablauf dieser
218 Mitzeichnungsfrist, die vom Petenten selbst gewählt werden
219 kann, wird die Petition dann beim Deutschen Bundestag
220 eingereicht. Nach Einreichen beim Deutschen Bundestag
221 beginnt dann eine neue Mitzeichungsfrist für die Petition,
222 da die auf einer externen Plattform erzielten Mitzeichnungen
223 aufgrund der hohen Registrierungs- und Sicherheitsstandards
224 des Deutschen Bundestages bisher nicht übertragen werden
225 können. Aufgrund der hohen Registrierungs- und
226 Sicherheitsstandards des Deutschen Bundestages ist eine
227 elektronische Übertragung dieser Daten bisher nicht möglich.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Im Petitionswesen des Deutschen Bundestages werden
2 Petitionen unterschiedlich kategorisiert (vgl. Art. 17 iVm
3 Art. 45 c Abs. 1 GG):
4 Einzelpetitionen sind Petitionen, die von einer Einzelperson
5 oder aber von einer Interessengruppe individuell zu einem
6 (persönlichen) Anliegen gestellt werden.
7 Bei Mehrfachpetitionen handelt es sich um eine (zufällige)
8 Häufung einzelner Petitionen, die das gleiche Anliegen
9 verfolgen.
10
11 Sammelpetitionen zeichnen sich dadurch aus, dass für das
12 eingereichte Anliegen systematisch Unterschriften von
13 Unterstützerinnen und Unterstützern gesammelt wurden.
14
15
16 Darüber hinaus kann auch eine Differenzierung aufgrund des
17 Übertragungsweges und der Art und Weise der Veröffentlichung
18 vorgenommen werden. E-Petitionen (= Online-Petitonen) sind
19 demnach Petitionen, die elektronisch an den
20 Petitionsadressaten eingereicht werden. Seit der
21 Modernisierung des Petitionsrechts im Jahr 2005 erfolgt die
22 Übermittlung über ein entsprechendes Formular, aus dem
23 sowohl die Postanschrift als auch die Urheberschaft an der
24 Petition hervorgeht. Ansonsten erreichen Petitionen den
25 Deutschen Bundestag auch weiterhin per Post oder per Fax.
26 Nach wie vor ist es nicht möglich, Petitionen einfach per
27 E-Mail einzureichen.
28
29 Öffentliche Petitionen können zudem nach ihrer Einreichung
30 auf der Website des Deutschen Bundestages veröffentlicht und
31 zur Mitzeichnung und Kommentierung freigegeben werden.
32 Zurzeit sind dies ca. 18 % aller eingehenden Petitionen. Der
33 Petitionstext wird dann zunächst für vier Wochen online
34 gestellt und kann in diesem Zeitraum von beliebig vielen
35 anderen Menschen durch Angabe ihres Namens unterstützt
36 werden, vorausgesetzt, diese haben sich vorher im System
37 registriert. Die Namen der Unterstützer werden öffentlich
38 für alle einsehbar und recherchierbar online gestellt. Eine
39 negative Mitzeichnung (gegen das Anliegen) ist nicht
40 möglich, jedoch kann jederzeit eine Gegenpetition
41 eingereicht werden.
42 Derzeit gilt: Wenn eine öffentliche Petition bei Einreichung
43 oder innerhalb von vier Wochen nach Veröffentlichung im
44 Internet mindestens 50.000 Unterstützer gefunden hat, wird
45 der Petent in einer öffentlichen Beratung des
46 Petitionsausschusses angehört. Der Ausschuss kann mit einer
47 Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder
48 beschließen, dass hiervon abgesehen wird. Die öffentlichen
49 Sitzungen des Petitionsausschusses werden im
50 Parlamentsfernsehen übertragen. Zudem sind die Sendungen im
51 Internet übertragen und können dort auch jederzeit als
52 Video-on-Demand auf der Webseite des Bundestages abgerufen
53 werden.
54
55 Öffentliche Petitionen am Deutschen Bundestag unterliegen
56 einem besonderen Zulassungsverfahren. Die Kriterien der
57 Zulassung werden teilweise in den Nutzerforen der
58 E-Petitionsplattform kritisch diskutiert. Bei einer
59 Befragung von Einreichern öffentlicher Petitionen konnten im
60 Jahr 2009 60% der Einreichenden die Begründung für die
61 Nichtzulassung aufgrund einer fehlenden Rückmeldung bzw.
62 wegen der Unverständlichkeit der Begründung nicht
63 nachvollziehen. Von 4.598 zur Veröffentlichung eingereichten
64 Petitionen wurden 2010 nur 559, also 12,2% als öffentliche
65 Petition zugelassen. Bei etwa 50% aller zur Veröffentlichung
66 eingereichten Petitionen handelte es sich um
67 Mehrfachpetitionen. Knapp 14% wurden nicht zugelassen, weil
68 sie als für eine öffentliche Diskussion ungeeignet oder als
69 offensichtlich erfolglos eingeschätzt wurden. [FN: Büro für
70 Technikfolgenabschätzung, Elektronische Petitionen und
71 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
72 Nr. 146, Stand Juni 2011.]
73
74 Auch Petitionen, die als öffentliche Petition eingereicht,
75 jedoch nicht als solche zugelassen wurden, werden im
76 Ausschuss behandelt, wobei hierfür das herkömmliche,
77 nichtöffentliche Verfahren maßgeblich ist. Nach der Beratung
78 im Petitionsausschuss werden sowohl öffentliche als auch
79 nichtöffentliche Petitionen gemäß § 112 Abs. 1 GOBT in einer
80 als Drucksache des Deutschen Bundestages veröffentlichten
81 Sammelübersicht dem Plenum des Deutschen Bundestages zur
82 Abstimmung vorgelegt.
83
84 Die Begrenzung der Diskussionsfrist von früher sechs Wochen
85 auf ebenfalls vier Wochen- wie die Mitzeichnungsfrist - ist
86 auf die praktische Auswertbarkeit der Beiträge
87 zurückzuführen: Die Erfahrung hat gezeigt, dass über die
88 frühere Zeitspanne von sechs Wochen teilweise mehr als
89 eintausend Diskussionsbeiträge zu einer Petition eingingen.
90 Eine Untersuchung des Büros für Technikfolgen-Abschätzung
91 des Deutschen Bundestages [FN: Büro für
92 Technikfolgenabschätzung, Elektronische Petitionen und
93 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
94 Nr. 146, Stand Juni 2011.] zeigt, dass hierbei Regelverstöße
95 gering sind und die Inhalte der Foren als überwiegend
96 informativ und sachlich eingeschätzt wurden. Auch
97 Befragungen von Petenten und Nutzern der
98 E-Petitionsplattform des Deutschen Bundestages ergaben, dass
99 2009 91% die Diskussion in den Foren für informativ und 87%
100 für sachlich hielten. [FN: Büro für
101 Technikfolgenabschätzung, Elektronische Petitionen und
102 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
103 Nr. 146, Stand Juni 2011.] Das Verfahren ist in den §§ 108
104 ff GO-BT, in den Grundsätzen des Petitionsausschusses über
105 die Behandlung von Bitten und Beschwerden
106 (Verfahrensgrundsätze) und in der Anlage zu Ziffer 7.1 (4)
107 Verfahrensgrundsätze (Richtlinie für die Behandlung von
108 öffentlichen Petitionen (öP)) abschließend geregelt.
109
110 In der 16. Wahlperiode haben diese Hürde insgesamt sechs
111 Petitionen genommen, in der 17. Legislaturperiode haben
112 bisher XX [FN: Wird nachgereicht.] Petitionen das Quorum
113 erreicht. Der Anteil der elektronisch eingereichten
114 Petitionen beim Deutschen Bundestag ist seit 2006 von 17%
115 auf 36% im Jahr 2010 gestiegen. Der Anteil öffentlich
116 eingereichter Petitionen stieg im selben Zeitraum sogar von
117 5% auf 29%. Insgesamt wurden im Zeitraum von September 2005-
118 Ende 2010 mehr als 3 Mio. Mitzeichnungen für etwa 2.100
119 öffentliche Petitionen gezählt und mehr als 100.000
120 Diskussionsbeiträge geschrieben. [FN: Büro für
121 Technikfolgenabschätzung, „Elektronische Petitionen und
122 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
123 Nr. 146, Stand Juni 2011.]
124
125 Zum 1. Januar 2012 hat der Petitionsausschuss Grundsätze des
126 Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und
127 Beschwerden (Verfahrensgrundsätze) geändert. So wurde
128 beispielsweise die Mitzeichnungsfrist zum Erreichen des
129 Quorums als Option für eine öffentliche Beratung von 50.000
130 Unterstützern um eine Woche auf nunmehr vier Wochen
131 verlängert. Damit trägt der Ausschuss auch den Wünschen
132 vieler Petenten und Diskussionsteilnehmer Rechnung. Ferner
133 soll ab Mitte des Jahres 2012, wenn die neue verbesserte
134 Internetplattform online gehen wird, auch die Möglichkeit zu
135 eröffnen, die elektronischen Mitzeichnungen auf dieser
136 Plattform in pseudo-nymisierter Form abgeben zu können.
137 Dabei wird es sich jedoch im Gegensatz zum Diskussionsforum
138 nicht um frei wählbare Pseudonyme handeln, sondern um eine
139 vom System vorgegebene standardisierte Form.
140
141 Mit der Angleichung der Fristen und der Einführung der
142 anonymen Mitzeichnung setzt der Ausschuss auf mehr
143 Datenschutz, mehr Transparenz und auf eine noch
144 bürgerfreundlichere Petitionsplattform. Ziel ist es,
145 möglichst viele substanzielle Anliegen von öffentlichem
146 Interesse zur Diskussion zu stellen [FN: Pressemitteilung
147 des Deutschen Bundestages vom 16.11.2011 „Petitionsausschuss
148 ändert Verfahrensgrundsätze“, abrufbar unter
149 http://www.bundestag.de/presse/pressemitteilungen/2011/pm_11
150 11161.html ].
151 Für die Frage nach dem Erfolg von Petitionen ergibt der
152 Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr
153 2009, dass fast die Hälfte der Vorgänge im weiteren Sinne
154 positiv erledigt werden konnte. Davon wurden 38,1% durch
155 Rat, Auskunft, Verweisung und Materialübersendung erledigt,
156 7,6% wurden entsprochen und 3,5% wurden an die
157 Bundesregierung überwiesen. [FN: Büro für
158 Technikfolgenabschätzung, „Elektronische Petitionen und
159 Modernisierung des Petitionswesens in Europa, Arbeitsbericht
160 Nr. 146, Stand Juni 2011]
161 Bei den Petenten hat sich dagegen nur bei 15,2% der Eindruck
162 ergeben, dass der Bundestag sich für ihr Anliegen engagiert
163 habe. Dennoch würden auch weiterhin 75% der Einreicher
164 öffentlicher Petitionen in einen ähnlichen Situation wieder
165 eine Petition einreichen, wobei in diesem Zusammenhang zu
166 betonen ist, dass die Durchsetzung des in der Petition
167 formulierten Anliegens selten die Motivlage für die
168 Einreichung ist. [FN: Ebda.]
169
170
171 Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft"
172
173 Der Deutsche Bundestag hat im März 2010 die
174 Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft
175 eingesetzt, an deren Arbeit sich die interessierten
176 Bürgerinnen und Bürger als sogenannte "18. Sachverständige"
177 beteiligen können. Sie können Vorschläge, Ergänzungen und
178 Änderungsanträge in die Projektgruppen einbringen, die zu
179 unterschiedlichen Themenbereichen gebildet wurden. Die
180 Projektgruppen haben auf der Microsite des Gremiums jeweils
181 ein eigenes Unterforum, in dem ihre Zielsetzung erklärt wird
182 und Vorschläge unterbreitet werden können, welche Themen
183 behandelt werden sollten. Darüber hinaus wurde ein Blog und
184 ein Twitter-Account eingerichtet. Als wesentliches
185 Instrument bedient sich die Kommission jedoch einer
186 Beteiligungsplattform [FN:
187 https://www.enquetebeteiligung.de/] im Internet, um die
188 Bürgerinnen und Bürger bei konkreten Sachfragen in die
189 inhaltliche Arbeit der Projektgruppen einzubinden. Von
190 Beginn an werden Themenvorschläge der Nutzerinnen und Nutzer
191 in die Arbeitspläne der Projektgruppen aufgenommen, bei den
192 Bestandsaufnahmen und bei den Handlungsempfehlungen
193 diskutiert sowie den Berichten der Projektgruppen beigefügt.
194 Die abgestimmten Texte der Projektgruppen wiederum werden
195 über die Beteiligungsplattform der Öffentlichkeit zugänglich
196 gemacht. Über dieses Verfahren sind die Bürger in die
197 inhaltiche Arbeit der Kommission eingebunden und können
198 eigene Vorschläge einreichen.
199
200
201 Bundesrat
202
203 Im Unterschied zum Deutschen Bundestag bietet der Bundesrat
204 keine Möglichkeit für die Einwirkung der Bürger. Dies
205 resultiert aus der verfassungsrechtlichen Stellung des
206 Bundesrates, bei dem es sich nicht um eine Volksvertretung,
207 sondern um eine Vertretung der Bundesländer handelt. Bei den
208 einzelnen Landesparlamenten besteht selbstverständlich ein
209 Petitionsrecht.
210
211
212 Externe Angebote:
213
214 Auch private Initiativen bieten das Einreichen von
215 Petitionen beim Deutschen Bundestag an. Zuvor kann auf einer
216 eigenen Plattform das Anliegen dargestellt und um
217 Mitzeichnungen geworben werden. Nach Ablauf dieser
218 Mitzeichnungsfrist, die vom Petenten selbst gewählt werden
219 kann, wird die Petition dann beim Deutschen Bundestag
220 eingereicht. Nach Einreichen beim Deutschen Bundestag
221 beginnt dann eine neue Mitzeichungsfrist für die Petition,
222 da die auf einer externen Plattform erzielten Mitzeichnungen
223 aufgrund der hohen Registrierungs- und Sicherheitsstandards
224 des Deutschen Bundestages bisher nicht übertragen werden
225 können. Aufgrund der hohen Registrierungs- und
226 Sicherheitsstandards des Deutschen Bundestages ist eine
227 elektronische Übertragung dieser Daten bisher nicht möglich.

Vorschlag

  1. Bewerten Sie die Original- und die eingebrachten Versionen eines Papiers, indem Sie über die Pfeile Ihre Zustimmung (hoch) oder Ablehnung (runter) ausdrücken. Sie können dabei auch mehreren Versionen zustimmen oder diese ablehnen.

  2. Wählen Sie, ob Änderungen im Vergleich zur Originalversion hervorgehoben werden sollen.

  3. Sie können hier auch eine neue Version des Papiers einbringen.