Papier: 01.04.06.02 Anonyme bzw. pseudonyme Nutzung von sozialen Netzwerken

Originalversion

1 Der Streit um die Möglichkeit anonymer Kommunikation
2 entzündet sich nicht nur an derzei-tigen – und zusätzlich
3 geforderten – staatlichen Kennzeichnungspflichten, sondern
4 auch am Handeln privater Plattformen und
5 Kommunikationstools, die eine Anmeldung und eine Nut-zung
6 nur mit Klarnamen zulassen. Unterschiedliche Auffassungen
7 gibt es beispielsweise über die Pflicht zur
8 personenbezogenen Kommunikation in sozialen Netzwerken und
9 sonstigen privaten Plattformen. So lassen Facebook und
10 weitere große soziale Netzwerke Teilnehmer nur dann zu, wenn
11 sie sich unter ihrem Klarnamen anmelden.
12
13 Seitens der Anbieter wird die Verwendung von Pseudonymen
14 oder aber falschen Namen über die allgemeinen
15 Geschäftsbedingungen ausgeschlossen bzw. als
16 vertragswidriges Verhalten definiert. Daran wird kritisiert,
17 dass so eine Vielzahl von personenbezogenen Daten entstehe,
18 über die die Nutzer schnell die Kontrolle verlieren könnten.
19 Weiterhin wird kritisiert, dass zahlreiche rechtliche
20 Bestimmungen nicht eingehalten würden. Zudem sei nicht
21 ausgeschlos-sen, dass auch Dritte Zugriff auf die
22 personenbezogenen Daten nehmen könnten und sie für
23 beispielsweise Werbung oder aber die Erstellung von
24 Persönlichkeitsprofilen verwenden wür-den. Zudem gibt es
25 Befürchtungen, dass bei einer Pflicht zur namentlichen
26 Äußerung die Ge-fahr bestehen könnte, dass sich Personen am
27 Gebrauch ihrer Kommunikationsfreiheit gehin-dert sehen, weil
28 sie negative Konsequenzen einer Äußerung in beruflicher und
29 persönlicher Hinsicht oder eine gezielte Profilbildung
30 hinsichtlich geäußerter politischer Meinungsbekun-dungen
31 befürchten. Es soll verhindert werden, dass in solchen
32 Situationen eine Form der Selbstzensur (sogenannter Chilling
33 effect) greift.
34
35 Diese vorgenannten Fragen sind auch für die aktive
36 politische Kommunikation und Partizipa-tion von Nutzern im
37 Internet von Bedeutung, da viele Abgeordnete der nationalen
38 Parlamente und des Europäischen Parlamentes eine
39 Kommunikation via sozialer Netzwerke unterstützen und
40 ermöglichen. Eine Zuordnung von politischen
41 Meinungsäußerungen im Rahmen der Er-stellung von
42 Persönlichkeitsprofilen ist daher durchaus denkbar und
43 könnte für andere Teil-nehmer des politischen Diskurses
44 zudem von besonderer Qualität sein. Als mögliche
45 Interes-senten hierfür kommen u. a. Unternehmen aus den
46 Bereichen Marketing und Public Relations sowie einzelne
47 Interessenvertreter und –verbände in Betracht.
48
49 Die Anbieter entsprechender Netzwerke berufen sich jedoch
50 grundsätzlich auf § 13 Abs. 6 des Telemediengesetzes, der
51 eine Pflicht zur Anonymisierung oder Pseudonymisierung dann
52 nicht vorschreibe, wenn diese nicht zumutbar sei. Da soziale
53 Netzwerke gerade auf personenbezogenen Daten beruhten und
54 ohne solche nicht funktionieren könnten, bestehe keine
55 Verpflichtung, einen anonymen oder aber pseudonymen Zugriff
56 für die Nutzer zu ermöglichen.
57
58 Auch die anhaltenden datenschutzrechtlichen
59 Herausforderungen von sozialen Netzwerken führen dazu, deren
60 pseudonymisierte Nutzungsmöglichkeit als Schutz zu
61 diskutieren. So ver-weisen Datenschützer beispielsweise
62 darauf, dass gerade in sozialen Netzwerken eine
63 pseudonymisierte Nutzung im Sinne des Grundrechts und
64 Datenschutzes möglich sein muss. [FN: Beleg fehlt noch,
65 Konferenz der Datenschutzbeauftragten]
66
67 Es gibt aber auch soziale Netzwerke, die vornehmlich zur
68 Darstellung der beruflichen Quali-fikation ihrer Mitglieder
69 bestimmt sind. Bei diesen ist die Verwendung von Klarnamen
70 ur-sächlich für das gesamte Geschäftsmodell an sich. Zudem
71 käme es nicht zu einer umfassenden Profilbildung bzw. eine
72 Weitergabe von Daten an Dritte fände nicht statt. Bei
73 anderen Geschäftsmodellen steht die Anonymität stärker im
74 Vordergrund. So bietet beispielsweise der
75 Microbloggingdienst Twitter auch eine anonyme Registrierung
76 der Nutzer an. Eine abschlie-ßende rechtliche Klärung der
77 aufgeworfenen Fragen durch nationale oder ggf. europäische
78 Gerichte steht noch aus [FN: zur wissenschaftlichen
79 Aufarbeitung Heilmann 2012] .

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Der Streit um die Möglichkeit anonymer Kommunikation
2 entzündet sich nicht nur an derzei-tigen – und zusätzlich
3 geforderten – staatlichen Kennzeichnungspflichten, sondern
4 auch am Handeln privater Plattformen und
5 Kommunikationstools, die eine Anmeldung und eine Nut-zung
6 nur mit Klarnamen zulassen. Unterschiedliche Auffassungen
7 gibt es beispielsweise über die Pflicht zur
8 personenbezogenen Kommunikation in sozialen Netzwerken und
9 sonstigen privaten Plattformen. So lassen Facebook und
10 weitere große soziale Netzwerke Teilnehmer nur dann zu, wenn
11 sie sich unter ihrem Klarnamen anmelden.
12
13 Seitens der Anbieter wird die Verwendung von Pseudonymen
14 oder aber falschen Namen über die allgemeinen
15 Geschäftsbedingungen ausgeschlossen bzw. als
16 vertragswidriges Verhalten definiert. Daran wird kritisiert,
17 dass so eine Vielzahl von personenbezogenen Daten entstehe,
18 über die die Nutzer schnell die Kontrolle verlieren könnten.
19 Weiterhin wird kritisiert, dass zahlreiche rechtliche
20 Bestimmungen nicht eingehalten würden. Zudem sei nicht
21 ausgeschlos-sen, dass auch Dritte Zugriff auf die
22 personenbezogenen Daten nehmen könnten und sie für
23 beispielsweise Werbung oder aber die Erstellung von
24 Persönlichkeitsprofilen verwenden wür-den. Zudem gibt es
25 Befürchtungen, dass bei einer Pflicht zur namentlichen
26 Äußerung die Ge-fahr bestehen könnte, dass sich Personen am
27 Gebrauch ihrer Kommunikationsfreiheit gehin-dert sehen, weil
28 sie negative Konsequenzen einer Äußerung in beruflicher und
29 persönlicher Hinsicht oder eine gezielte Profilbildung
30 hinsichtlich geäußerter politischer Meinungsbekun-dungen
31 befürchten. Es soll verhindert werden, dass in solchen
32 Situationen eine Form der Selbstzensur (sogenannter Chilling
33 effect) greift.
34
35 Diese vorgenannten Fragen sind auch für die aktive
36 politische Kommunikation und Partizipa-tion von Nutzern im
37 Internet von Bedeutung, da viele Abgeordnete der nationalen
38 Parlamente und des Europäischen Parlamentes eine
39 Kommunikation via sozialer Netzwerke unterstützen und
40 ermöglichen. Eine Zuordnung von politischen
41 Meinungsäußerungen im Rahmen der Er-stellung von
42 Persönlichkeitsprofilen ist daher durchaus denkbar und
43 könnte für andere Teil-nehmer des politischen Diskurses
44 zudem von besonderer Qualität sein. Als mögliche
45 Interes-senten hierfür kommen u. a. Unternehmen aus den
46 Bereichen Marketing und Public Relations sowie einzelne
47 Interessenvertreter und –verbände in Betracht.
48
49 Die Anbieter entsprechender Netzwerke berufen sich jedoch
50 grundsätzlich auf § 13 Abs. 6 des Telemediengesetzes, der
51 eine Pflicht zur Anonymisierung oder Pseudonymisierung dann
52 nicht vorschreibe, wenn diese nicht zumutbar sei. Da soziale
53 Netzwerke gerade auf personenbezogenen Daten beruhten und
54 ohne solche nicht funktionieren könnten, bestehe keine
55 Verpflichtung, einen anonymen oder aber pseudonymen Zugriff
56 für die Nutzer zu ermöglichen.
57
58 Auch die anhaltenden datenschutzrechtlichen
59 Herausforderungen von sozialen Netzwerken führen dazu, deren
60 pseudonymisierte Nutzungsmöglichkeit als Schutz zu
61 diskutieren. So ver-weisen Datenschützer beispielsweise
62 darauf, dass gerade in sozialen Netzwerken eine
63 pseudonymisierte Nutzung im Sinne des Grundrechts und
64 Datenschutzes möglich sein muss. [FN: Beleg fehlt noch,
65 Konferenz der Datenschutzbeauftragten]
66
67 Es gibt aber auch soziale Netzwerke, die vornehmlich zur
68 Darstellung der beruflichen Quali-fikation ihrer Mitglieder
69 bestimmt sind. Bei diesen ist die Verwendung von Klarnamen
70 ur-sächlich für das gesamte Geschäftsmodell an sich. Zudem
71 käme es nicht zu einer umfassenden Profilbildung bzw. eine
72 Weitergabe von Daten an Dritte fände nicht statt. Bei
73 anderen Geschäftsmodellen steht die Anonymität stärker im
74 Vordergrund. So bietet beispielsweise der
75 Microbloggingdienst Twitter auch eine anonyme Registrierung
76 der Nutzer an. Eine abschlie-ßende rechtliche Klärung der
77 aufgeworfenen Fragen durch nationale oder ggf. europäische
78 Gerichte steht noch aus [FN: zur wissenschaftlichen
79 Aufarbeitung Heilmann 2012] .

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