| 1 | Der Streit um die Möglichkeit anonymer Kommunikation |
| 2 | entzündet sich nicht nur an derzei-tigen – und zusätzlich |
| 3 | geforderten – staatlichen Kennzeichnungspflichten, sondern |
| 4 | auch am Handeln privater Plattformen und |
| 5 | Kommunikationstools, die eine Anmeldung und eine Nut-zung |
| 6 | nur mit Klarnamen zulassen. Unterschiedliche Auffassungen |
| 7 | gibt es beispielsweise über die Pflicht zur |
| 8 | personenbezogenen Kommunikation in sozialen Netzwerken und |
| 9 | sonstigen privaten Plattformen. So lassen Facebook und |
| 10 | weitere große soziale Netzwerke Teilnehmer nur dann zu, wenn |
| 11 | sie sich unter ihrem Klarnamen anmelden. |
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| 13 | Seitens der Anbieter wird die Verwendung von Pseudonymen |
| 14 | oder aber falschen Namen über die allgemeinen |
| 15 | Geschäftsbedingungen ausgeschlossen bzw. als |
| 16 | vertragswidriges Verhalten definiert. Daran wird kritisiert, |
| 17 | dass so eine Vielzahl von personenbezogenen Daten entstehe, |
| 18 | über die die Nutzer schnell die Kontrolle verlieren könnten. |
| 19 | Weiterhin wird kritisiert, dass zahlreiche rechtliche |
| 20 | Bestimmungen nicht eingehalten würden. Zudem sei nicht |
| 21 | ausgeschlos-sen, dass auch Dritte Zugriff auf die |
| 22 | personenbezogenen Daten nehmen könnten und sie für |
| 23 | beispielsweise Werbung oder aber die Erstellung von |
| 24 | Persönlichkeitsprofilen verwenden wür-den. Zudem gibt es |
| 25 | Befürchtungen, dass bei einer Pflicht zur namentlichen |
| 26 | Äußerung die Ge-fahr bestehen könnte, dass sich Personen am |
| 27 | Gebrauch ihrer Kommunikationsfreiheit gehin-dert sehen, weil |
| 28 | sie negative Konsequenzen einer Äußerung in beruflicher und |
| 29 | persönlicher Hinsicht oder eine gezielte Profilbildung |
| 30 | hinsichtlich geäußerter politischer Meinungsbekun-dungen |
| 31 | befürchten. Es soll verhindert werden, dass in solchen |
| 32 | Situationen eine Form der Selbstzensur (sogenannter Chilling |
| 33 | effect) greift. |
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| 35 | Diese vorgenannten Fragen sind auch für die aktive |
| 36 | politische Kommunikation und Partizipa-tion von Nutzern im |
| 37 | Internet von Bedeutung, da viele Abgeordnete der nationalen |
| 38 | Parlamente und des Europäischen Parlamentes eine |
| 39 | Kommunikation via sozialer Netzwerke unterstützen und |
| 40 | ermöglichen. Eine Zuordnung von politischen |
| 41 | Meinungsäußerungen im Rahmen der Er-stellung von |
| 42 | Persönlichkeitsprofilen ist daher durchaus denkbar und |
| 43 | könnte für andere Teil-nehmer des politischen Diskurses |
| 44 | zudem von besonderer Qualität sein. Als mögliche |
| 45 | Interes-senten hierfür kommen u. a. Unternehmen aus den |
| 46 | Bereichen Marketing und Public Relations sowie einzelne |
| 47 | Interessenvertreter und –verbände in Betracht. |
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| 49 | Die Anbieter entsprechender Netzwerke berufen sich jedoch |
| 50 | grundsätzlich auf § 13 Abs. 6 des Telemediengesetzes, der |
| 51 | eine Pflicht zur Anonymisierung oder Pseudonymisierung dann |
| 52 | nicht vorschreibe, wenn diese nicht zumutbar sei. Da soziale |
| 53 | Netzwerke gerade auf personenbezogenen Daten beruhten und |
| 54 | ohne solche nicht funktionieren könnten, bestehe keine |
| 55 | Verpflichtung, einen anonymen oder aber pseudonymen Zugriff |
| 56 | für die Nutzer zu ermöglichen. |
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| 58 | Auch die anhaltenden datenschutzrechtlichen |
| 59 | Herausforderungen von sozialen Netzwerken führen dazu, deren |
| 60 | pseudonymisierte Nutzungsmöglichkeit als Schutz zu |
| 61 | diskutieren. So ver-weisen Datenschützer beispielsweise |
| 62 | darauf, dass gerade in sozialen Netzwerken eine |
| 63 | pseudonymisierte Nutzung im Sinne des Grundrechts und |
| 64 | Datenschutzes möglich sein muss. [FN: Beleg fehlt noch, |
| 65 | Konferenz der Datenschutzbeauftragten] |
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| 67 | Es gibt aber auch soziale Netzwerke, die vornehmlich zur |
| 68 | Darstellung der beruflichen Quali-fikation ihrer Mitglieder |
| 69 | bestimmt sind. Bei diesen ist die Verwendung von Klarnamen |
| 70 | ur-sächlich für das gesamte Geschäftsmodell an sich. Zudem |
| 71 | käme es nicht zu einer umfassenden Profilbildung bzw. eine |
| 72 | Weitergabe von Daten an Dritte fände nicht statt. Bei |
| 73 | anderen Geschäftsmodellen steht die Anonymität stärker im |
| 74 | Vordergrund. So bietet beispielsweise der |
| 75 | Microbloggingdienst Twitter auch eine anonyme Registrierung |
| 76 | der Nutzer an. Eine abschlie-ßende rechtliche Klärung der |
| 77 | aufgeworfenen Fragen durch nationale oder ggf. europäische |
| 78 | Gerichte steht noch aus [FN: zur wissenschaftlichen |
| 79 | Aufarbeitung Heilmann 2012] . |
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01.04.06.02 Anonyme bzw. pseudonyme Nutzung von sozialen Netzwerken (Originalversion)
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