Papier: 01.03.02 - Einschub "Arabischer Frühling"

Originalversion

1 Medientechnologien haben stets eine wichtige Rolle für den
2 Ablauf politischer Proteste gespielt. Flugblätter,
3 Zeitungen, Radio, Kassettenrekorder oder Fernsehen waren und
4 sind entscheidend für die Vermittlung politischer
5 Botschaften.
6
7 Angesichts der rasanten Entwicklung sozialer Medien in den
8 vergangenen Jahren haben daher die mit dem Begriff
9 "Arabischer Frühling" charakterisierten Proteste,
10 Massenunruhen und Aufstände für soziale, wirtschaftliche und
11 politische Anliegen in den nordafrikanischen Staaten, die
12 ihren Ausgang im Dezember 2010 in Tunesien mit der
13 Selbstverbrennung von Mohamed Bouazizi nahmen und rasch auch
14 auf andere Länder der Region übergriffen, zu einer
15 intensiven Diskussion über den Einfluss sozialer Medien auf
16 politische Ereignisse geführt. Dabei gehen insbesondere in
17 den arabischen Gesellschaften selbst die Einschätzungen der
18 Beteiligten darüber weit auseinander, ob und inwiefern die
19 Ereignisse durch Online-Netzwerke in Gang gesetzt und
20 getragen wurden. Einerseits wird dabei die
21 Mobilisierungskraft sozialer Medien betont und die
22 Massenproteste daher als "Facebook-Revolution" [FN: So wird
23 beispielsweise der Tunesische Blogger Bechir Blagui mit den
24 Worten zitiert: "They called it the jasmine revolt, Sidi
25 Bouzid revolt, Tunisian revolt... but there is only one name
26 that does justice to what is happening in the homeland:
27 Social media revolution, or back home, better called the
28 Facebook revolution" (Firas Al-Atraqchi: Tunisia's
29 Revolution Was Twitterized (14.1.2011),
30 http://www.huffingtonpost.com/firas-alatraqchi/tunisias-revo
31 lution-was-t_b_809131.html)] bezeichnet. Andererseits wird
32 darauf hingewiesen, dass der Wunsch nach Veränderung die
33 Mehrheit der betroffenen Gesellschaften bereits zuvor
34 erfasst und "die Revolution auf der Straße stattgefunden
35 hat, nicht im virtuellen Raum." [FN:
36 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,0,Die_Rolle_der_neuen_Medien
37 _im_Arabischen_Fr%FChling.html ] Hinzu kommt die
38 entscheidende Rolle, die das Militär bei den Rücktritten von
39 Zine el-Abidine Ben Ali und Husni Mubarak spielte [FN: Vgl.
40 Muriel Asseburg: Der Arabische Frühling, Berlin (SWP-Studie)
41 2011, S. 7.].
42
43 Regimekritische Personen und Gruppen in Tunesien und Ägypten
44 nutzten das Internet bereits mehrere Jahre vor dem Ausbruch
45 der Unruhen des "Arabischen Frühling", um ihre politischen
46 und sozialen Anliegen voranzutreiben und einer breiteren
47 Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die maßgeblich an der
48 Mobilisierung während der Proteste in Ägypten beteiligte
49 Facebook-Gruppe "Jugend des 6. April" wurde beispielsweise
50 bereits 2008 "von zumeist aus der Mittelschicht stammenden
51 Aktivisten gegründet", um an einen im gleichen Jahr blutig
52 niedergeschlagenen Streik zu erinnern [FN: Vgl. Asiem El
53 Difraoui: Es gibt keine "Facebook-Revolution" - aber eine
54 ägyptische Jugend, die wir nicht kennen. In: Muriel
55 Asseburg: Proteste, Aufstände und Regimewandel in der
56 arabischen Welt, Berlin 2011 (SWP-Studie), S. 17].
57
58 Stellvertretend für alle Demonstranten in Nordafrika und im
59 Nahen Osten hat das Europäische Parlament im Oktober 2011
60 fünf Aktivisten [FN: Asmaa Mahfouz (Ägypten), Ahmed
61 El-Senussi (Libyen), Razan Zaitouneh (Syrien), Ali Ferzat
62 (Syrien) und Mohamed Bouazizi (Tunesien)] aus der arabischen
63 Welt mit dem Sacharow-Menschenrechtspreis ausgezeichnet. Sie
64 wären in der arabischen Welt mutig für Freiheit und
65 politischen Wandel eingetreten.
66 Je nach Staat waren regimekritische Aktivitäten einer
67 unterschiedlich massiven Zensur ausgesetzt [FN: Vgl.
68 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,1,0,Die_Rolle_der_neuen_Medi
69 en_im_Arabischen_Fr%FChling.html ]. Insbesondere Ägypten
70 gewährte online mehr Freiräume und so hatte sich bereits vor
71 den Protesten eine regimeunabhängige Medienlandschaft
72 etabliert, die über das Internet hinausreichte [FN: Ebda.].
73
74 2011 gab es etwa 65 Millionen Internet-Nutzer in den Staaten
75 des Mittleren Ostens und Nordafrika [FN: Vgl. diese und die
76 folgenden Zahlen bei:
77 http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/arbeit
78 spapiere/WorkingPaperIL_Tarhini_Dima.pdf sowie
79 http://www.kas.de/wf/doc/kas_23306-1522-1-30.pdf?11070615351
80 4]. Facebook wurde im ersten Quartal 2011 von rund 30
81 Millionen Menschen und damit doppelt so vielen wie noch im
82 Jahr zuvor genutzt. Daneben gab es im Jahr 2010 mehr als
83 40.000 arabische Blogs.
84
85 Trotz dieser Zahlen ist auch die Bedeutung des arabischen
86 Satelliten-Fernsehens [FN: 63 Prozent der Ägypter sehen
87 Al-Jazeera. Vgl.
88 http://www.kas.de/wf/doc/kas_23306-1522-1-30.pdf?11070615351
89 4, S. 2] und von Mobiltelefonen nicht zu unterschätzten.
90 "Während vor dem Umbruch nur knapp ein Viertel der
91 Bevölkerung über einen Internetzugang verfügte, besaßen mehr
92 als zwei Drittel aller Ägypter ein Handy. So wurden auch
93 Informationen über die Proteste per Telefon oder Sammel-SMS
94 verteilt." [FN:
95 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,0,Die_Rolle_der_neuen_Medien
96 _im_Arabischen_Fr%FChling.html ]
97 In der Hochphase der Proteste war insbesondere das
98 Zusammenspiel von Internet, Satelliten-Fernsehen und
99 Mobiltelefon entscheidend: "Mit Handys wurden die Ereignisse
100 gefilmt, über YouTube weltweit verbreitet und über
101 al-Jazeera wieder in die ägyptischen Haushalte
102 zurückgesendet. Twitterfeeds lieferten selbst aus
103 Provinzstädten Informationen." [FN: Ebda.] Insofern konnte
104 nicht einmal die zeitweilige Abschaltung des Internet in
105 Ägypten den Informationsfluss vollständig unterbinden [FN:
106 Das Ägyptische Regime bekam insbesondere die technischen
107 Umgehungsmöglichkeiten nicht in den Griff: "Google etwa
108 stellte den Demonstranten eine Nummer zur Verfügung, über
109 die Videos und Texte weiterhin ins World Wide Web
110 eingestellt werden konnten. Al-Jazeera wechselte einfach den
111 Satelliten. Die Unterbrechung des Netzes führte auch nicht
112 zu einer Verringerung der Demonstrationen." (ebda.)].
113
114 Die autoritären Regime versuchten daneben auch, die
115 Möglichkeiten des Internet gezielt gegen die Opposition
116 selbst zu richten. Einerseits indem sie, die Zugangsdaten
117 und Aufenthaltsorte von Regimekritikern ausspionierten (wie
118 z. B. in Tunesien und Syrien) [FN: Vgl.
119 http://arstechnica.com/tech-policy/news/2011/01/tweeting-tyr
120 ants-out-of-tunisia.ars/ und
121 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,1,0,Die_Rolle_der_neuen_Medi
122 en_im_Arabischen_Fr%FChling.html]. Anderseits durch eigene,
123 gezielte Desinformations-Kampagnen in sozialen Medien, z. B.
124 in Syrien nachdem im Februar 2011 die mehr als dreijährige
125 Sperrung von Facebook und Youtube aufgehoben worden war [FN:
126 Vgl.
127 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,1,0,Die_Rolle_der_neuen_Medi
128 en_im_Arabischen_Fr%FChling.html ].

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Medientechnologien haben stets eine wichtige Rolle für den
2 Ablauf politischer Proteste gespielt. Flugblätter,
3 Zeitungen, Radio, Kassettenrekorder oder Fernsehen waren und
4 sind entscheidend für die Vermittlung politischer
5 Botschaften.
6
7 Angesichts der rasanten Entwicklung sozialer Medien in den
8 vergangenen Jahren haben daher die mit dem Begriff
9 "Arabischer Frühling" charakterisierten Proteste,
10 Massenunruhen und Aufstände für soziale, wirtschaftliche und
11 politische Anliegen in den nordafrikanischen Staaten, die
12 ihren Ausgang im Dezember 2010 in Tunesien mit der
13 Selbstverbrennung von Mohamed Bouazizi nahmen und rasch auch
14 auf andere Länder der Region übergriffen, zu einer
15 intensiven Diskussion über den Einfluss sozialer Medien auf
16 politische Ereignisse geführt. Dabei gehen insbesondere in
17 den arabischen Gesellschaften selbst die Einschätzungen der
18 Beteiligten darüber weit auseinander, ob und inwiefern die
19 Ereignisse durch Online-Netzwerke in Gang gesetzt und
20 getragen wurden. Einerseits wird dabei die
21 Mobilisierungskraft sozialer Medien betont und die
22 Massenproteste daher als "Facebook-Revolution" [FN: So wird
23 beispielsweise der Tunesische Blogger Bechir Blagui mit den
24 Worten zitiert: "They called it the jasmine revolt, Sidi
25 Bouzid revolt, Tunisian revolt... but there is only one name
26 that does justice to what is happening in the homeland:
27 Social media revolution, or back home, better called the
28 Facebook revolution" (Firas Al-Atraqchi: Tunisia's
29 Revolution Was Twitterized (14.1.2011),
30 http://www.huffingtonpost.com/firas-alatraqchi/tunisias-revo
31 lution-was-t_b_809131.html)] bezeichnet. Andererseits wird
32 darauf hingewiesen, dass der Wunsch nach Veränderung die
33 Mehrheit der betroffenen Gesellschaften bereits zuvor
34 erfasst und "die Revolution auf der Straße stattgefunden
35 hat, nicht im virtuellen Raum." [FN:
36 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,0,Die_Rolle_der_neuen_Medien
37 _im_Arabischen_Fr%FChling.html ] Hinzu kommt die
38 entscheidende Rolle, die das Militär bei den Rücktritten von
39 Zine el-Abidine Ben Ali und Husni Mubarak spielte [FN: Vgl.
40 Muriel Asseburg: Der Arabische Frühling, Berlin (SWP-Studie)
41 2011, S. 7.].
42
43 Regimekritische Personen und Gruppen in Tunesien und Ägypten
44 nutzten das Internet bereits mehrere Jahre vor dem Ausbruch
45 der Unruhen des "Arabischen Frühling", um ihre politischen
46 und sozialen Anliegen voranzutreiben und einer breiteren
47 Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die maßgeblich an der
48 Mobilisierung während der Proteste in Ägypten beteiligte
49 Facebook-Gruppe "Jugend des 6. April" wurde beispielsweise
50 bereits 2008 "von zumeist aus der Mittelschicht stammenden
51 Aktivisten gegründet", um an einen im gleichen Jahr blutig
52 niedergeschlagenen Streik zu erinnern [FN: Vgl. Asiem El
53 Difraoui: Es gibt keine "Facebook-Revolution" - aber eine
54 ägyptische Jugend, die wir nicht kennen. In: Muriel
55 Asseburg: Proteste, Aufstände und Regimewandel in der
56 arabischen Welt, Berlin 2011 (SWP-Studie), S. 17].
57
58 Stellvertretend für alle Demonstranten in Nordafrika und im
59 Nahen Osten hat das Europäische Parlament im Oktober 2011
60 fünf Aktivisten [FN: Asmaa Mahfouz (Ägypten), Ahmed
61 El-Senussi (Libyen), Razan Zaitouneh (Syrien), Ali Ferzat
62 (Syrien) und Mohamed Bouazizi (Tunesien)] aus der arabischen
63 Welt mit dem Sacharow-Menschenrechtspreis ausgezeichnet. Sie
64 wären in der arabischen Welt mutig für Freiheit und
65 politischen Wandel eingetreten.
66 Je nach Staat waren regimekritische Aktivitäten einer
67 unterschiedlich massiven Zensur ausgesetzt [FN: Vgl.
68 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,1,0,Die_Rolle_der_neuen_Medi
69 en_im_Arabischen_Fr%FChling.html ]. Insbesondere Ägypten
70 gewährte online mehr Freiräume und so hatte sich bereits vor
71 den Protesten eine regimeunabhängige Medienlandschaft
72 etabliert, die über das Internet hinausreichte [FN: Ebda.].
73
74 2011 gab es etwa 65 Millionen Internet-Nutzer in den Staaten
75 des Mittleren Ostens und Nordafrika [FN: Vgl. diese und die
76 folgenden Zahlen bei:
77 http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/arbeit
78 spapiere/WorkingPaperIL_Tarhini_Dima.pdf sowie
79 http://www.kas.de/wf/doc/kas_23306-1522-1-30.pdf?11070615351
80 4]. Facebook wurde im ersten Quartal 2011 von rund 30
81 Millionen Menschen und damit doppelt so vielen wie noch im
82 Jahr zuvor genutzt. Daneben gab es im Jahr 2010 mehr als
83 40.000 arabische Blogs.
84
85 Trotz dieser Zahlen ist auch die Bedeutung des arabischen
86 Satelliten-Fernsehens [FN: 63 Prozent der Ägypter sehen
87 Al-Jazeera. Vgl.
88 http://www.kas.de/wf/doc/kas_23306-1522-1-30.pdf?11070615351
89 4, S. 2] und von Mobiltelefonen nicht zu unterschätzten.
90 "Während vor dem Umbruch nur knapp ein Viertel der
91 Bevölkerung über einen Internetzugang verfügte, besaßen mehr
92 als zwei Drittel aller Ägypter ein Handy. So wurden auch
93 Informationen über die Proteste per Telefon oder Sammel-SMS
94 verteilt." [FN:
95 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,0,Die_Rolle_der_neuen_Medien
96 _im_Arabischen_Fr%FChling.html ]
97 In der Hochphase der Proteste war insbesondere das
98 Zusammenspiel von Internet, Satelliten-Fernsehen und
99 Mobiltelefon entscheidend: "Mit Handys wurden die Ereignisse
100 gefilmt, über YouTube weltweit verbreitet und über
101 al-Jazeera wieder in die ägyptischen Haushalte
102 zurückgesendet. Twitterfeeds lieferten selbst aus
103 Provinzstädten Informationen." [FN: Ebda.] Insofern konnte
104 nicht einmal die zeitweilige Abschaltung des Internet in
105 Ägypten den Informationsfluss vollständig unterbinden [FN:
106 Das Ägyptische Regime bekam insbesondere die technischen
107 Umgehungsmöglichkeiten nicht in den Griff: "Google etwa
108 stellte den Demonstranten eine Nummer zur Verfügung, über
109 die Videos und Texte weiterhin ins World Wide Web
110 eingestellt werden konnten. Al-Jazeera wechselte einfach den
111 Satelliten. Die Unterbrechung des Netzes führte auch nicht
112 zu einer Verringerung der Demonstrationen." (ebda.)].
113
114 Die autoritären Regime versuchten daneben auch, die
115 Möglichkeiten des Internet gezielt gegen die Opposition
116 selbst zu richten. Einerseits indem sie, die Zugangsdaten
117 und Aufenthaltsorte von Regimekritikern ausspionierten (wie
118 z. B. in Tunesien und Syrien) [FN: Vgl.
119 http://arstechnica.com/tech-policy/news/2011/01/tweeting-tyr
120 ants-out-of-tunisia.ars/ und
121 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,1,0,Die_Rolle_der_neuen_Medi
122 en_im_Arabischen_Fr%FChling.html]. Anderseits durch eigene,
123 gezielte Desinformations-Kampagnen in sozialen Medien, z. B.
124 in Syrien nachdem im Februar 2011 die mehr als dreijährige
125 Sperrung von Facebook und Youtube aufgehoben worden war [FN:
126 Vgl.
127 http://www.bpb.de/themen/QSBCIZ,1,0,Die_Rolle_der_neuen_Medi
128 en_im_Arabischen_Fr%FChling.html ].

Vorschlag

  1. Bewerten Sie die Original- und die eingebrachten Versionen eines Papiers, indem Sie über die Pfeile Ihre Zustimmung (hoch) oder Ablehnung (runter) ausdrücken. Sie können dabei auch mehreren Versionen zustimmen oder diese ablehnen.

  2. Wählen Sie, ob Änderungen im Vergleich zur Originalversion hervorgehoben werden sollen.

  3. Sie können hier auch eine neue Version des Papiers einbringen.