Es mag sein, dass nicht alle Studien validiert sind oder es noch ein paar Lücken gibt, aber auch das zeigt, dass diese Bereiche untersucht werden. Man muss immerhin bedenken, dass die Verbreitung des Internets erst in den späten 90iger Jahren richtig in Schwung kam. Wer um 2000 regelmäßig gesurft hat, galt noch als Stubenhocker, heutzutage wird man schief angeschaut, wenn man kein Smartphone hat und nicht regelmäßige Statusmeldungen auf Facebook veröffentlicht. Die wissenschaftlichen Untersuchungen in diesem Bereich brauchen einfach Zeit. Das gilt vor allem deshalb, weil sich auch die Nutzungsgewohnheiten regelmäßig ändern. Studien von 2005 sind heute kaum mehr zu gebrauchen, weil Facebook, Twitter und Co. die Nutzung des Internets und auch die Auswirkungen auf die Gesellschaft (vermutlich) radikal verändert haben. Auch eine staatliche Empirie würde hier noch Jahre brauchen. Der Wert für die Prognose zukünftiger Auswirkungen dürfte gering sein.

Und ist tatsächlich zu befürchten, dass die freie (nicht-staatliche) Wissenschaft das Thema ignorieren wird? Werden sich Soziologen nicht mehr dafür interessieren, wie die Gesellschaft (auch im Internetzeitalter) funktioniert? Werden Politikwissenschaftler nicht mehr danach Fragen, wie das Internet Wahlen beeinflusst und welche Anforderungen es an die politischen Entscheidungen stellt? Werden Wirtschaftswissenschaftler nicht darüber nachdenken, wie wir künftig arbeiten werden, wie wir kommunizieren und Kaufentscheidungen treffen? Ich denke, dass man sich darüber keine Gedanken machen braucht.

Und erneut möchte ich die Frage aufwerfen, ob eine staatliche Untersuchung tatsächliche verwertbare Informationen über ein so komplexes Thema sammeln kann. Vor allem wenn die Absicht besteht, daraus Gestaltungsmöglichkeiten abzuleiten, welche das Leben vieler Menschen beeinflussen wird. Braucht es nicht die Vielfalt an Untersuchungsinstrumenten / Erhebungsmethoden, Auswertungsverfahren und Interpretationsansätze einer freien Wissenschaft? Kann ein einzelner, auch der Staat, objektiv sein? Oder müssen wir nicht eher aus der Vielfalt der unterschiedlichen Sichtweisen und Meinungen ein Gesamtbild ableiten, welches uns vertretbar erscheint? Wäre die ganze Wissenschaft nicht überflüssig, wenn der Staat ganz einfach ein Thema untersuchen und es umfassend beschreiben könnte? So einfach ist das alles nicht.

Und ja, das Internet sollte von einer Mehrheitsmeinung ausgestaltet werden. Das ist das demokratische Prinzip der Bundesrepublik Deutschland. Minderheitsmeinungen und -interessen dürfen selbstverständlich nicht vernachlässigt und müssen gegebenenfalls sogar unter besonderen Schutz gestellt werden, aber die Grundlage der Demokratie ist der Mehrheitsentscheid (gegebenenfalls mit Duldungsprämie für Minderheitsmeinungen). Man muss es den Menschen selbst überlassen, wie sie ihr Leben und ihre Umwelt gestalten wollen.