Papier: 05.01.01 Strukturwandel der bürgerlichen Öffentlichkeit

Originalversion

1 Der Strukturwandel der bürgerlichen Öffentlichkeit ist
2 Ausdruck und Folge eines gewandelten Selbstverständnisses
3 der Bürgerinnen und Bürger.
4 Jürgen Habermas hat in seiner bekannten Arbeit zum
5 „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ [FN: Habermas, Jürgen
6 (1990): Strukturwandel der Öffentlichkeit-Untersuchungen zu
7 einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft.] beschrieben,
8 wie sich mit dem Entstehen der bürgerlichen Gesellschaft ein
9 Diskursraum abseits der Sphäre von Wirtschaft und Handel
10 herausgebildet hat. Herrschaft kam angesichts dieser neu
11 entstehenden Öffentlichkeit zunehmend in die Verlegenheit,
12 sich zu rechtfertigen, zu legitimieren. Die bürgerliche
13 Öffentlichkeit war in ihrem Ursprung eine kritische
14 Gegenöffentlichkeit im besten Sinne.
15 Mit der Entwicklung des Rollenverständnisses der Menschen
16 hin zum Staatsbürger im Sinne des rousseauschen Citoyen,
17 veränderten sich so neben der Sichtweise auf Staat und
18 Politik natürlich auch die Erwartungen bezüglich dessen was
19 Politik leisten soll und wie sie das tun soll. [FN: Vgl. die
20 schriftliche Stellungnahme von Stefan Wehrmeyer zur
21 öffentlichen Anhörung „Strukturwandel der politischen
22 Kommunikation und Partizipation“ der Enquete-Kommission
23 Internet und digitale Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/
24 17(24)049-C, Protokoll Nr. 17/15, online abrufbar unter:
25 http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun
26 gen/20120319/A-Drs_17_24_049-C_-_Stellungnahme_Wehrmeyer_19_
27 3_2012.pdf] Mit der Herausbildung einer kritischen
28 Gegenöffentlichkeit im Netz findet der Strukturwandel der
29 Öffentlichkeit seine logische Fortsetzung. Seit etwa einem
30 Jahrzehnt kann von einer Netzöffentlichkeit gesprochen
31 werden, die sich in Blogs und Foren herausgebildet hat und
32 sich derzeit auf soziale Netzwerke und
33 Kollaborationsplattformen ausdehnt. Ihr Entstehen wurde
34 dadurch ermöglicht, dass jeder, der über die entsprechende
35 Hardware und einen Internetzugang verfügt, potenziell Zugang
36 zu einer theoretisch unbegrenzten Öffentlichkeit erlangen
37 kann. Wer in den 80er Jahren eine Massenöffentlichkeit
38 erreichen wollte, musste Zugang zu Zeitungen oder
39 Fernsehsendern besitzen, was nur einem kleinen Kreis möglich
40 war. Gerade im Bereich der Printmedien existierten und
41 existieren noch lokale Monopole. [FN: Vgl. die schriftliche
42 Stellungnahme von Prof. Dr. Christoph Neuberger zur
43 öffentlichen Anhörung „Strukturwandel der politischen
44 Kommunikation und Partizipation“ der Enquete-Kommission
45 Internet und digitale Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/
46 17(24)049-F, Protokoll Nr. 17/15, online abrufbar unter:
47 http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun
48 gen/20120319/A-Drs_17_24_049-F_-_Stellungnahme_Prof_Dr_Neube
49 rger_19_3_2012.pdf] Mit dem digitalen Wandel entstand zu
50 Beginn des 21. Jahrhunderts eine partizipative
51 Öffentlichkeit, in der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr nur
52 Konsumenten von Informationen und Nachrichten sind, sondern
53 sich aktiv für ihre Belange, z.B. durch Teilnahme an
54 politischen Diskursen im Internet, einsetzen können. An die
55 Stelle der one-to-many-Kommunikation der Massenmedien trat
56 eine many-to-many-Kommunikation unterschiedlicher, nicht
57 zuletzt auch zivilgesellschaftlicher Akteure.
58
59 Auch die politische Öffentlichkeit, die gezielt von Parteien
60 und großen Organisationen hergestellt wird, sieht sich
61 zunehmend durch Akteure aus der Netzöffentlichkeit in Frage
62 gestellt. Private Teilnehmer dieser neuen
63 Massenkommunikation verlangen für unbelegte Behauptungen
64 Nachweise, liefern zu offiziellen Verlautbarungen
65 Gegendarstellungen und Hintergründe, fordern eine
66 öffentliche, direkte Diskussion mit anderen
67 Kommunikationsteilnehmern ein.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Der Strukturwandel der bürgerlichen Öffentlichkeit ist
2 Ausdruck und Folge eines gewandelten Selbstverständnisses
3 der Bürgerinnen und Bürger.
4 Jürgen Habermas hat in seiner bekannten Arbeit zum
5 „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ [FN: Habermas, Jürgen
6 (1990): Strukturwandel der Öffentlichkeit-Untersuchungen zu
7 einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft.] beschrieben,
8 wie sich mit dem Entstehen der bürgerlichen Gesellschaft ein
9 Diskursraum abseits der Sphäre von Wirtschaft und Handel
10 herausgebildet hat. Herrschaft kam angesichts dieser neu
11 entstehenden Öffentlichkeit zunehmend in die Verlegenheit,
12 sich zu rechtfertigen, zu legitimieren. Die bürgerliche
13 Öffentlichkeit war in ihrem Ursprung eine kritische
14 Gegenöffentlichkeit im besten Sinne.
15 Mit der Entwicklung des Rollenverständnisses der Menschen
16 hin zum Staatsbürger im Sinne des rousseauschen Citoyen,
17 veränderten sich so neben der Sichtweise auf Staat und
18 Politik natürlich auch die Erwartungen bezüglich dessen was
19 Politik leisten soll und wie sie das tun soll. [FN: Vgl. die
20 schriftliche Stellungnahme von Stefan Wehrmeyer zur
21 öffentlichen Anhörung „Strukturwandel der politischen
22 Kommunikation und Partizipation“ der Enquete-Kommission
23 Internet und digitale Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/
24 17(24)049-C, Protokoll Nr. 17/15, online abrufbar unter:
25 http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun
26 gen/20120319/A-Drs_17_24_049-C_-_Stellungnahme_Wehrmeyer_19_
27 3_2012.pdf] Mit der Herausbildung einer kritischen
28 Gegenöffentlichkeit im Netz findet der Strukturwandel der
29 Öffentlichkeit seine logische Fortsetzung. Seit etwa einem
30 Jahrzehnt kann von einer Netzöffentlichkeit gesprochen
31 werden, die sich in Blogs und Foren herausgebildet hat und
32 sich derzeit auf soziale Netzwerke und
33 Kollaborationsplattformen ausdehnt. Ihr Entstehen wurde
34 dadurch ermöglicht, dass jeder, der über die entsprechende
35 Hardware und einen Internetzugang verfügt, potenziell Zugang
36 zu einer theoretisch unbegrenzten Öffentlichkeit erlangen
37 kann. Wer in den 80er Jahren eine Massenöffentlichkeit
38 erreichen wollte, musste Zugang zu Zeitungen oder
39 Fernsehsendern besitzen, was nur einem kleinen Kreis möglich
40 war. Gerade im Bereich der Printmedien existierten und
41 existieren noch lokale Monopole. [FN: Vgl. die schriftliche
42 Stellungnahme von Prof. Dr. Christoph Neuberger zur
43 öffentlichen Anhörung „Strukturwandel der politischen
44 Kommunikation und Partizipation“ der Enquete-Kommission
45 Internet und digitale Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/
46 17(24)049-F, Protokoll Nr. 17/15, online abrufbar unter:
47 http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun
48 gen/20120319/A-Drs_17_24_049-F_-_Stellungnahme_Prof_Dr_Neube
49 rger_19_3_2012.pdf] Mit dem digitalen Wandel entstand zu
50 Beginn des 21. Jahrhunderts eine partizipative
51 Öffentlichkeit, in der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr nur
52 Konsumenten von Informationen und Nachrichten sind, sondern
53 sich aktiv für ihre Belange, z.B. durch Teilnahme an
54 politischen Diskursen im Internet, einsetzen können. An die
55 Stelle der one-to-many-Kommunikation der Massenmedien trat
56 eine many-to-many-Kommunikation unterschiedlicher, nicht
57 zuletzt auch zivilgesellschaftlicher Akteure.
58
59 Auch die politische Öffentlichkeit, die gezielt von Parteien
60 und großen Organisationen hergestellt wird, sieht sich
61 zunehmend durch Akteure aus der Netzöffentlichkeit in Frage
62 gestellt. Private Teilnehmer dieser neuen
63 Massenkommunikation verlangen für unbelegte Behauptungen
64 Nachweise, liefern zu offiziellen Verlautbarungen
65 Gegendarstellungen und Hintergründe, fordern eine
66 öffentliche, direkte Diskussion mit anderen
67 Kommunikationsteilnehmern ein.

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