1.3.2 Formen digitaler Vernetzung, Kollaboration und Partizipation - Historie

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  • 1.3.2 Formen digitaler Vernetzung, Kollaboration und Partizipation

    von nadietta, angelegt

    Die Entwicklung des Internets zum sogenannten "Web 2.0" war weniger ein technologischer, denn ein kultureller Wandel der aktiven Einbeziehung und offenen Vernetzung aller Nutzer in sozialen Medien. Diese soziale Vernetzung birgt eine kommunikative Macht, die direkt politisch relevant werden kann (Bsp. Demokratiebewegung in Ägypten). Jedenfalls prägen die neuen sozialen Formen digitaler Gemeinschaftsbildung, Kollaboration und Partizipation die künftige Gestalt unserer Gesellschaft mit und so auch eine digital vernetzte Demokratie.

    Soziale Medien schaffen digitale Gemeinschaften. Soziale Interaktionen erzeugen immer auch Spannungen zwischen den persönlichen Zielen und Erwartungen des Einzelnen und anderen Individuen oder der Gruppe. Jedes digitale System, das dass eine Plattform zur Gemeinschaftsbildung erschafft, muss diese Spannungen irgendwie regeln und sich entsprechend konstituieren. Die soziale Software schreibt so der jeweiligen Gemeinschaft eine normative Verfassung ein. Diese Verfasstheiten sozialer Medien können auch digitale politische Öffentlichkeiten prägen und beeinflussen (dazu unter 5). Soziale Netzwerke (Bsp. Facebook) legen so etwa zur Gemeinschaftsbildung ein Soziogramm des digitalen Beziehungsgeflechts (Social graph) einer Person oder Gruppe offen. Neben problematischen Fragen des Schutzes der Privatsphäre und der Rechte an diesem Beziehungsgeflecht, könnte diese Technik aber auch für mehr Transparenz in politischen Gemeinschaften und Institutionen (Bsp. Beziehungsnetze von Politikern) sorgen.

    Entgegen der Tragödie der Gemeingüter bei natürlichen Ressourcen, kann sich eine digitale Gemeinschaftsnutzung etwa durch Weitergabe von Daten (Sharing) als kreatives Füllhorn der Gemeinschaft erweisen. Ein besonderes Element digitaler Vernetzung besteht in neuen Formen kollektiver Zusammenarbeit (Collaboration). Soziale Software schafft dazu digitale Strukturen sozialer Organisation und kollektiver Intelligenz. Kollaborative Formen lassen sich in der politischen Kommunikation gut zur Ideenfindung oder gemeinsamen Ausarbeitung eines politischen Konzeptes integrieren.

    Nach dem populären Gedanken der "Weisheit der Massen" (Wisdom of Crowds) sollen dabei Entscheidungen, die durch Aggregation von Informationen und Meinungen in einem Netzwerk entstehen, regelmäßig besser sein, als die jedes einzelnen Mitgliedes. Aber nicht jede Masse ist weise. Ausgehend von wenigen Ausgangsimpulsen kann es bei offenen Bewertungs- oder Entscheidungsprozessen schnell zu Informationskaskaden kommen. Nutzer richten ihre Entscheidung regelmäßig an der Bewertung anderer aus, weil sie davon ausgehen, dass diese gute Gründe für ihre Wahl hatten, was aber nicht so sein muss. Voraussetzungen einer soliden kollektiven Entscheidung sind Vielfalt und Unabhängigkeit von Meinungen, eine dezentrale Meinungsbildung und ein neutraler Mechanismus. Hilfreich sind weiter die Modularisierung von Entscheidungen, ähnliche Anreize zur Teilnahme und eine Infrastruktur zur Förderung eines gemeinsamen Vokabulars.

    Für kollektive Entscheidungsprozesse entstanden spezielle digitale Partizipationssysteme. Digitale politische Entscheidungsplattformen werden dabei oft unter der Idee "liquid democracy" vorgestellt (Bsp. Adhocracy). Nutzer können etwa Vorschläge oder Anträge einstellen, die dann von anderen Nutzern kommentiert und abgestimmt werden können. Die Beteiligung an der Entscheidung kann durch diverse Mechanismen erfolgen. Entscheidungen sind durch synchrone oder asynchrone Abstimmung, gezieltes Abfragen (Polling) der Nutzer oder quantifizierter Bewertung nach einer gegebenen Skala (Rating) möglich. Die Visualisierung von Daten und Ergebnissen motiviert und erleichtert die Beteiligung, kann aber auch eine manipulative Auswirkung auf die Entscheidungsfindung zur Folge haben.

    Einige Systeme lassen zusätzlich eine Delegation von Stimmen für einzelne oder ganze Segmente von Entscheidungen und auch Delegationsketten zu. Der pragmatischen Notwendigkeit von Delegationen, wenn eine regelmäßige Beteiligung an institutionellen Entscheidungen (Bsp. Parteipositionen oder direkte parlamentarische Beteiligung) erreicht werden soll, treten allerdings demokratische Bedenken angesichts ihrer meist nur schwachen Legitimation entgegen (siehe unten 2.4).

    Eine Grundfrage jeder digitalen Gemeinschaft, Kollaboration oder Partizipation ist die Gestaltung des gemeinsamen Diskursraumes durch deliberative Normen. Transparenz und eine Meta-Ebene des Diskurses über die Regeln des Diskurses tragen zur Akzeptanz und Legitimation dieser Regeln bei. Solche klaren Rahmenregeln sind nicht nur für explizite Debattenplattformen essentiell, sondern auch die Lebensfähigkeit von Kollaborationen (Bsp. Wikipedia) hängt entscheidend von einer vitalen Diskursivität ihrer Koordination ab. Eine zusätzliche Moderation von Beiträgen kann dabei helfen, Debatten zu fokussieren. Gerade in der Anwendung für politische Debatten scheint eine Aufbereitung der Informationen, Verknüpfung mit weiteren relevanten Beiträgen und Strukturierung für eine sachorientierte Diskussion hilfreich. Jeder externe Eingriff in die Debatte birgt aber gleichzeitig die Gefahr der Manipulation. Eine alternative oder ergänzende Technik bieten Reputationssysteme, oder wiederum ein Ranking durch Bewertungen der Nutzer.

    Anmerkung: (Derartige Beiträge wären noch schöner in klarer Sprache und kleinen Häppchen, sodass sie für den Mainstream verständlich werden.)

  • 1.3.2 Formen digitaler Vernetzung, Kollaboration und Partizipation

    von KvonNotz MdB , angelegt

    Die Entwicklung des Internets zum sogenannten "Web 2.0" war weniger ein technologischer, denn ein kultureller Wandel der aktiven Einbeziehung und offenen Vernetzung aller Nutzer in sozialen Medien. Diese soziale Vernetzung birgt eine kommunikative Macht, die direkt politisch relevant werden kann (Bsp. Demokratiebewegung in Ägypten). Jedenfalls prägen die neuen sozialen Formen digitaler Gemeinschaftsbildung, Kollaboration und Partizipation die künftige Gestalt unserer Gesellschaft mit und so auch eine digital vernetzte Demokratie.

    Soziale Medien schaffen digitale Gemeinschaften. Soziale Interaktionen erzeugen immer auch Spannungen zwischen den persönlichen Zielen und Erwartungen des Einzelnen und anderen Individuen oder der Gruppe. Jedes digitale System, dass eine Plattform zur Gemeinschaftsbildung erschafft, muss diese Spannungen irgendwie regeln und sich entsprechend konstituieren. Die soziale Software schreibt so der jeweiligen Gemeinschaft eine normative Verfassung ein. Diese Verfasstheiten sozialer Medien können auch digitale politische Öffentlichkeiten prägen und beeinflussen (dazu unter 5). Soziale Netzwerke (Bsp. Facebook) legen so etwa zur Gemeinschaftsbildung ein Soziogramm des digitalen Beziehungsgeflechts (Social graph) einer Person oder Gruppe offen. Neben problematischen Fragen des Schutzes der Privatsphäre und der Rechte an diesem Beziehungsgeflecht, könnte diese Technik aber auch für mehr Transparenz in politischen Gemeinschaften und Institutionen (Bsp. Beziehungsnetze von Politikern) sorgen.

    Entgegen der Tragödie der Gemeingüter bei natürlichen Ressourcen, kann sich eine digitale Gemeinschaftsnutzung etwa durch Weitergabe von Daten (Sharing) als kreatives Füllhorn der Gemeinschaft erweisen. Ein besonderes Element digitaler Vernetzung besteht in neuen Formen kollektiver Zusammenarbeit (Collaboration). Soziale Software schafft dazu digitale Strukturen sozialer Organisation und kollektiver Intelligenz. Kollaborative Formen lassen sich in der politischen Kommunikation gut zur Ideenfindung oder gemeinsamen Ausarbeitung eines politischen Konzeptes integrieren.

    Nach dem populären Gedanken der "Weisheit der Massen" (Wisdom of Crowds) sollen dabei Entscheidungen, die durch Aggregation von Informationen und Meinungen in einem Netzwerk entstehen, regelmäßig besser sein, als die jedes einzelnen Mitgliedes. Aber nicht jede Masse ist weise. Ausgehend von wenigen Ausgangsimpulsen kann es bei offenen Bewertungs- oder Entscheidungsprozessen schnell zu Informationskaskaden kommen. Nutzer richten ihre Entscheidung regelmäßig an der Bewertung anderer aus, weil sie davon ausgehen, dass diese gute Gründe für ihre Wahl hatten, was aber nicht so sein muss. Voraussetzungen einer soliden kollektiven Entscheidung sind Vielfalt und Unabhängigkeit von Meinungen, eine dezentrale Meinungsbildung und ein neutraler Mechanismus. Hilfreich sind weiter die Modularisierung von Entscheidungen, ähnliche Anreize zur Teilnahme und eine Infrastruktur zur Förderung eines gemeinsamen Vokabulars.

    Für kollektive Entscheidungsprozesse entstanden spezielle digitale Partizipationssysteme. Digitale politische Entscheidungsplattformen werden dabei oft unter der Idee "liquid democracy" vorgestellt (Bsp. Adhocracy). Nutzer können etwa Vorschläge oder Anträge einstellen, die dann von anderen Nutzern kommentiert und abgestimmt werden können. Die Beteiligung an der Entscheidung kann durch diverse Mechanismen erfolgen. Entscheidungen sind durch synchrone oder asynchrone Abstimmung, gezieltes Abfragen (Polling) der Nutzer oder quantifizierter Bewertung nach einer gegebenen Skala (Rating) möglich. Die Visualisierung von Daten und Ergebnissen motiviert und erleichtert die Beteiligung, kann aber auch eine manipulative Auswirkung auf die Entscheidungsfindung zur Folge haben.

    Einige Systeme lassen zusätzlich eine Delegation von Stimmen für einzelne oder ganze Segmente von Entscheidungen und auch Delegationsketten zu. Der pragmatischen Notwendigkeit von Delegationen, wenn eine regelmäßige Beteiligung an institutionellen Entscheidungen (Bsp. Parteipositionen oder direkte parlamentarische Beteiligung) erreicht werden soll, treten allerdings demokratische Bedenken angesichts ihrer meist nur schwachen Legitimation entgegen (siehe unten 2.4).

    Eine Grundfrage jeder digitalen Gemeinschaft, Kollaboration oder Partizipation ist die Gestaltung des gemeinsamen Diskursraumes durch deliberative Normen. Transparenz und eine Meta-Ebene des Diskurses über die Regeln des Diskurses tragen zur Akzeptanz und Legitimation dieser Regeln bei. Solche klaren Rahmenregeln sind nicht nur für explizite Debattenplattformen essentiell, sondern auch die Lebensfähigkeit von Kollaborationen (Bsp. Wikipedia) hängt entscheidend von einer vitalen Diskursivität ihrer Koordination ab. Eine zusätzliche Moderation von Beiträgen kann dabei helfen, Debatten zu fokussieren. Gerade in der Anwendung für politische Debatten scheint eine Aufbereitung der Informationen, Verknüpfung mit weiteren relevanten Beiträgen und Strukturierung für eine sachorientierte Diskussion hilfreich. Jeder externe Eingriff in die Debatte birgt aber gleichzeitig die Gefahr der Manipulation. Eine alternative oder ergänzende Technik bieten Reputationssysteme, oder wiederum ein Ranking durch Bewertungen der Nutzer.

  • Formen digitaler Vernetzung, Kollaboration und Partizipation

    von KvonNotz MdB , angelegt

    Die Entwicklung des Internets zum sogenannten "Web 2.0" war weniger ein technologischer, denn ein kultureller Wandel der aktiven Einbeziehung und offenen Vernetzung aller Nutzer in sozialen Medien. Diese soziale Vernetzung birgt eine kommunikative Macht, die direkt politisch relevant werden kann (Bsp. Demokratiebewegung in Ägypten). Jedenfalls prägen die neuen sozialen Formen digitaler Gemeinschaftsbildung, Kollaboration und Partizipation die künftige Gestalt unserer Gesellschaft mit und so auch eine digital vernetzte Demokratie. Soziale Medien schaffen digitale Gemeinschaften. Soziale Interaktionen erzeugen immer auch Spannungen zwischen den persönlichen Zielen und Erwartungen des Einzelnen und anderen Individuen oder der Gruppe. Jedes digitale System, dass eine Plattform zur Gemeinschaftsbildung erschafft, muss diese Spannungen irgendwie regeln und sich entsprechend konstituieren. Die soziale Software schreibt so der jeweiligen Gemeinschaft eine normative Verfassung ein. Diese Verfasstheiten sozialer Medien können auch digitale politische Öffentlichkeiten prägen und beeinflussen (dazu unter 5). Soziale Netzwerke (Bsp. Facebook) legen so etwa zur Gemeinschaftsbildung ein Soziogramm des digitalen Beziehungsgeflechts (Social graph) einer Person oder Gruppe offen. Neben problematischen Fragen des Schutzes der Privatsphäre und der Rechte an diesem Beziehungsgeflecht, könnte diese Technik aber auch für mehr Transparenz in politischen Gemeinschaften und Institutionen (Bsp. Beziehungsnetze von Politikern) sorgen. Entgegen der Tragödie der Gemeingüter bei natürlichen Ressourcen, kann sich eine digitale Gemeinschaftsnutzung etwa durch Weitergabe von Daten (Sharing) als kreatives Füllhorn der Gemeinschaft erweisen. Ein besonderes Element digitaler Vernetzung besteht in neuen Formen kollektiver Zusammenarbeit (Collaboration). Soziale Software schafft dazu digitale Strukturen sozialer Organisation und kollektiver Intelligenz. Kollaborative Formen lassen sich in der politischen Kommunikation gut zur Ideenfindung oder gemeinsamen Ausarbeitung eines politischen Konzeptes integrieren. Nach dem populären Gedanken der "Weisheit der Massen" (Wisdom of Crowds) sollen dabei Entscheidungen, die durch Aggregation von Informationen und Meinungen in einem Netzwerk entstehen, regelmäßig besser sein, als die jedes einzelnen Mitgliedes. Aber nicht jede Masse ist weise. Ausgehend von wenigen Ausgangsimpulsen kann es bei offenen Bewertungs- oder Entscheidungsprozessen schnell zu Informationskaskaden kommen. Nutzer richten ihre Entscheidung regelmäßig an der Bewertung anderer aus, weil sie davon ausgehen, dass diese gute Gründe für ihre Wahl hatten, was aber nicht so sein muss. Voraussetzungen einer soliden kollektiven Entscheidung sind Vielfalt und Unabhängigkeit von Meinungen, eine dezentrale Meinungsbildung und ein neutraler Mechanismus. Hilfreich sind weiter die Modularisierung von Entscheidungen, ähnliche Anreize zur Teilnahme und eine Infrastruktur zur Förderung eines gemeinsamen Vokabulars. Für kollektive Entscheidungsprozesse entstanden spezielle digitale Partizipationssysteme. Digitale politische Entscheidungsplattformen werden dabei oft unter der Idee "liquid democracy" vorgestellt (Bsp. Adhocracy). Nutzer können etwa Vorschläge oder Anträge einstellen, die dann von anderen Nutzern kommentiert und abgestimmt werden können. Die Beteiligung an der Entscheidung kann durch diverse Mechanismen erfolgen. Entscheidungen sind durch synchrone oder asynchrone Abstimmung, gezieltes Abfragen (Polling) der Nutzer oder quantifizierter Bewertung nach einer gegebenen Skala (Rating) möglich. Die Visualisierung von Daten und Ergebnissen motiviert und erleichtert die Beteiligung, kann aber auch eine manipulative Auswirkung auf die Entscheidungsfindung zur Folge haben. Einige Systeme lassen zusätzlich eine Delegation von Stimmen für einzelne oder ganze Segmente von Entscheidungen und auch Delegationsketten zu. Der pragmatischen Notwendigkeit von Delegationen, wenn eine regelmäßige Beteiligung an institutionellen Entscheidungen (Bsp. Parteipositionen oder direkte parlamentarische Beteiligung) erreicht werden soll, treten allerdings demokratische Bedenken angesichts ihrer meist nur schwachen Legitimation entgegen (siehe unten 2.4). Eine Grundfrage jeder digitalen Gemeinschaft, Kollaboration oder Partizipation ist die Gestaltung des gemeinsamen Diskursraumes durch deliberative Normen. Transparenz und eine Meta-Ebene des Diskurses über die Regeln des Diskurses tragen zur Akzeptanz und Legitimation dieser Regeln bei. Solche klaren Rahmenregeln sind nicht nur für explizite Debattenplattformen essentiell, sondern auch die Lebensfähigkeit von Kollaborationen (Bsp. Wikipedia) hängt entscheidend von einer vitalen Diskursivität ihrer Koordination ab. Eine zusätzliche Moderation von Beiträgen kann dabei helfen, Debatten zu fokussieren. Gerade in der Anwendung für politische Debatten scheint eine Aufbereitung der Informationen, Verknüpfung mit weiteren relevanten Beiträgen und Strukturierung für eine sachorientierte Diskussion hilfreich. Jeder externe Eingriff in die Debatte birgt aber gleichzeitig die Gefahr der Manipulation. Eine alternative oder ergänzende Technik bieten Reputationssysteme, oder wiederum ein Ranking durch Bewertungen der Nutzer.