1 | Schwer fassbar ist, was der Strukturwandel für die |
2 | Partizipation bedeutet. Welche ge-samtgesellschaftliche |
3 | Bedeutung haben die Themen, die im Netz diskutiert werden? |
4 | Wer bzw. welche Personengruppen beteiligen sich an |
5 | Diskussionen? Dies sind zwei zentrale Fragen, wenn über |
6 | (neue) Partizipationsmöglichkeit diskutiert wird. Ein |
7 | Vorteil internetzbasierter Teilhabe ist sicherlich, dass es |
8 | möglich ist, sich themenspezifisch und unabhängig von der |
9 | Mitgliedschaft z.B. in einer Partei zu engagieren. Auch |
10 | Mikrointeraktionen („+1“, Like bzw. Abstimmungen per |
11 | Mausklick etc.) bieten eine Möglichkeit mit minimalem |
12 | Aufwand seinen politischen Willen zu bekunden und sollten |
13 | nicht gering geschätzt werden. [FN: Vgl. die schriftliche |
14 | Stellungnahme von Christoph Kappes zur öffentlichen Anhörung |
15 | „Strukturwandel der politischen Kommunikation und |
16 | Partizipation“ der Enquete-Kommission Internet und digitale |
17 | Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ 17(24)049-E, Protokoll |
18 | Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
19 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
20 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-E_-_Stellungnahme_Kappes_19_3_2 |
21 | 012.pdf] |
22 | Informationen und Nachrichten, die einen Nachrichten- oder |
23 | Ereigniswert haben, verbreiten sich im Internet häufig sehr |
24 | schnell. Oftmals wird hier –wie zunehmend in Bezug auf die |
25 | Berichterstattung der klassischen Medien allerdings auch- |
26 | kritisiert, dass der Informationsgehalt hinter dem |
27 | Ereigniswert zurückstehen müsse. Die Verbreitung von |
28 | Informationen wird zudem durch soziale Netzwerke wie Twitter |
29 | oder Facebook befördert. Dies geschieht insbesondere dann |
30 | schnell, wenn sie überraschend oder unterhaltsam sind und |
31 | demzufolge „in den Netzen geliket, geshart [sic] und |
32 | kommentiert werden.“ [FN: Vgl. die schriftliche |
33 | Stellungnahme von Prof. Dr. Gerhard Vowe zur öffentlichen |
34 | Anhörung „Strukturwandel der politischen Kommunikation und |
35 | Partizipation“ der Enquete-Kommission Internet und digitale |
36 | Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ 17(24)049-B, Protokoll |
37 | Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
38 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
39 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-B_-_Stellungnahme_Prof_Dr_Vowe_ |
40 | 19_3_2012.pdf], das heißt, wenn sie „viralisierbar“ sind. |
41 | [FN: Ebd.] Diese potenzielle Viralität von Informationen |
42 | kann sich zu Nutze machen, wer Resonanz zu erzielen |
43 | beabsichtigt. Beiträge werden im Internet mehrfach |
44 | publiziert, sind also mehrfach präsent. [FN: Vgl. die |
45 | schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. Christoph Neuberger |
46 | zur öffentlichen Anhörung „Strukturwandel der politischen |
47 | Kommunikation und Partizipation“ der Enquete-Kommission |
48 | Internet und digitale Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ |
49 | 17(24)049-F, Protokoll Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
50 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
51 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-F_-_Stellungnahme_Prof_Dr_Neube |
52 | rger_19_3_2012.pdf] Diskussionsprozesse werden daher im |
53 | Internet nicht zentral geführt, sondern finden an vielen |
54 | „Orten“ statt. Es ist daher schwierig, die Relevanz des |
55 | Diskussionsthemas zu erfassen. Portale wie rivva.de |
56 | versuchen nun anhand der Anzahl der Blogs, die sich mit |
57 | einem Thema befassen und anhand der Anzahl von Tweets, Likes |
58 | und Shares erkennbar zu machen, welches derzeit die |
59 | relevantesten Themen im Netz sind. [FN: Vgl. die |
60 | schriftliche Stellungnahme von Christoph Kappes zur |
61 | öffentlichen Anhörung „Strukturwandel der politischen |
62 | Kommunikation und Partizipation“ der Enquete-Kommission |
63 | Internet und digitale Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ |
64 | 17(24)049-E, Protokoll Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
65 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
66 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-E_-_Stellungnahme_Kappes_19_3_2 |
67 | 012.pdf] In gewisser Weise wird so die Viralität, das heißt |
68 | die Verbreitung(swege), einer Information abgebildet. |
69 | |
70 | Weiterhin bleibt das Problem bestehen, zu identifizieren, ob |
71 | es sich bei einer Netzdebatte um ein gesamtgesellschaftlich |
72 | relevantes Thema handelt oder lediglich um eine intensive |
73 | Diskussion in einem Nischenbereich. Neueste Untersuchungen |
74 | zeigen, dass eine messbare Verbreiterung der |
75 | Partizipationsbasis durch die neuen Möglichkeiten des |
76 | Internets nicht stattgefunden hat. [FN: Vgl. die |
77 | schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. Christoph Neuberger |
78 | zur öffentlichen Anhörung „Strukturwandel der politischen |
79 | Kommunikation und Partizipation“ der Enquete-Kommission |
80 | Internet und digitale Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ |
81 | 17(24)049-F, Protokoll Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
82 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
83 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-F_-_Stellungnahme_Prof_Dr_Neube |
84 | rger_19_3_2012.pdf] Vielmehr nutzen diejenigen, die sich |
85 | bereits auch schon bisher für bestimmte Themen interessiert |
86 | und sich eingebracht haben, nun ver-stärkt auch die |
87 | Möglichkeiten, die das Internet dazu bietet. Eine |
88 | Verallgemeinerung bzw. Übertragbarkeit der Aussagen im |
89 | Internet bzw. der „Netzmeinung“ auf die Gesamtgesellschaft |
90 | ist daher nicht möglich. [FN: Vgl. die schriftliche |
91 | Stellungnahme von Christoph Kappes zur öffentlichen Anhörung |
92 | „Strukturwandel der politischen Kommunikation und |
93 | Partizipation“ der Enquete-Kommission Internet und digitale |
94 | Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ 17(24)049-E, Protokoll |
95 | Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
96 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
97 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-E_-_Stellungnahme_Kappes_19_3_2 |
98 | 012.pdf] |
99 | |
100 | Fraglich ist auch in welchem Ausmaß Partizipation über das |
101 | Internet möglich sein kann oder sollte. Für das politische |
102 | System in Deutschland stellt sich hier die Frage nach der |
103 | repräsentativen Ausgestaltung. Hält man an dieser |
104 | Grundkonzeption fest, so kann es Partizipation nur in der |
105 | Diskussionsphase geben. Partizipation bedeutet also vor |
106 | allem Teilhabe an der Entscheidungsvorbereitung und das |
107 | Einbringen von Vorschlägen und Argumenten in den politischen |
108 | Diskurs. Dazu bedarf es wiederum einer Transparenz, dass |
109 | heißt letztlich eines Zugangs zu den entscheidungsrelevanten |
110 | Informationen. Im Sinne der Zurechenbarkeit und letztlich |
111 | Verantwortlichkeit liegt die Entscheidungsbefugnis weiterhin |
112 | ausschließlich bei den gewählten politischen |
113 | Entscheidungsträgern [FN: Vgl. die schriftliche |
114 | Stellungnahme von Dr. Markus Linden zur öffentlichen |
115 | Anhörung „Strukturwandel der politischen Kommunikation und |
116 | Partizipation“ der Enquete-Kommission Internet und digitale |
117 | Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ 17(24)049-A, Protokoll |
118 | Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
119 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
120 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-A_-_Stellungnahme_Dr_Linden_19_ |
121 | 3_2012.pdf], denn nur so finden auch die 47% der „Passiven |
122 | Mainstreamer“, d.h. die schweigende Mehrheit der Bevölkerung |
123 | Berücksichtigung. [FN: Vgl. die schriftliche Stellungnahme |
124 | von Prof. Dr. Gerhard Vowe zur öffentlichen Anhörung |
125 | „Strukturwandel der politischen Kommunikation und |
126 | Partizipation“ der Enquete-Kommission Internet und digitale |
127 | Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ 17(24)049-B, Protokoll |
128 | Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
129 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
130 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-B_-_Stellungnahme_Prof_Dr_Vowe_ |
131 | 19_3_2012.pdf] Gleichwohl ist davon auszugehen, dass bereits |
132 | die mögliche Beteiligung an der Entscheidungsfindung, die |
133 | Akzeptanz politischer Entscheidungen erhöht. [FN: Vgl. die |
134 | schriftliche Stellungnahme von Daniel Reichert zur |
135 | öffentlichen Anhörung „Strukturwandel der politischen |
136 | Kommunikation und Partizipation“ der Enquete-Kommission |
137 | Internet und digitale Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ |
138 | 17(24)049-D, Protokoll Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
139 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
140 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-D_-_Stellungnahme_Reichert_19_3 |
141 | _2012.pdf] |
142 | |
143 | Nach dem zuvor Gesagten bedeutet netzgestützte politische |
144 | Partizipation für die politischen Akteure und hier vor allem |
145 | für Parteien und Abgeordnete, die möglichen |
146 | Handlungsalternativen in einer Sachfrage für die Bürgerinnen |
147 | und Bürger möglichst klar herauszustellen. [FN: Vgl. die |
148 | schriftliche Stellungnahme von Dr. Markus Linden zur |
149 | öffentlichen Anhörung „Strukturwandel der politischen |
150 | Kommunikation und Partizipation“ der Enquete-Kommission |
151 | Internet und digitale Gesellschaft am 19. März 2012. A-Drs/ |
152 | 17(24)049-A, Protokoll Nr. 17/15, online abrufbar unter: |
153 | http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Sitzun |
154 | gen/20120319/A-Drs_17_24_049-A_-_Stellungnahme_Dr_Linden_19_ |
155 | 3_2012.pdf] So wird die letztlich getroffene Entscheidung |
156 | nachvollziehbar. Die Grundvoraussetzung politischer |
157 | Repräsentation, nämlich eine möglichst umfassende |
158 | Transparenz, bleibt indes unverändert bestehen. [FN: Ebd.] |
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05.04.04 Auswirkungen (Originalversion)
von EnqueteSekretariat, angelegt