1 | [Das gesamte Kapitel 03.03 wird von CDU/CSU und FDP streitig |
2 | gestellt.] |
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8 | Die in Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG enthaltene |
9 | Informationsfreiheit gibt jedermann das Grundrecht, sich aus |
10 | allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. |
11 | Dieses Recht soll die (informierte) Meinungsbildung |
12 | ermöglichen und stellt damit die Grundlage für die Ausübung |
13 | der in Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 GG verankerten Freiheit, |
14 | seine Meinung zu äußern, dar. [FN: BVerfGE 20, 162, 174 – |
15 | „Spiegel-Urteil“.] Die Informationsfreiheit ist in Art. 5 |
16 | Abs. 1 S. 1 Hs. 2 als eigenständiges Grundrecht normiert. |
17 | Als Grundrecht steht die Informationsfreiheit so |
18 | gleichwertig neben der Meinungs- und Pressefreiheit. Das |
19 | Grundgesetz geht hier – auch vor dem Hintergrund |
20 | historischer Erfahrungen – weiter als einige andere |
21 | Verfassungstexte, bei denen die Informationsaufnahme nicht |
22 | explizit, sondern nur als Reflex der Meinungsäußerung |
23 | geschützt ist. Dennoch stellt sich die Frage, ob die |
24 | Reichweite – in der derzeit herrschenden Auslegung - der |
25 | Freiheit für die digitale Gesellschaft angemessen ist. |
26 | |
27 | Als Quellen sind generell alle Träger von Informationen |
28 | anzusehen. Der Begriff der „Information“ ist weit zu |
29 | verstehen und umfasst sowohl Meinungen als auch Tatsachen. |
30 | Für das Merkmal der allgemeinen Zugänglichkeit ist |
31 | entscheidend, dass die Informationen nicht bloß einem |
32 | individuell abgrenzbaren Personenkreis zugänglich sind. [FN: |
33 | BVerfGE 27, 71, 82 – „Leipziger Volkszeitung“.] Über dieses |
34 | weite Verständnis sind nicht nur Presse, Rundfunk und Film, |
35 | sondern insbesondere auch im Internet auffindbare Inhalte |
36 | taugliche Informationsquellen. Im Einzelfall kann dabei |
37 | allerdings das Kriterium der allgemeinen Zugänglichkeit |
38 | fehlen, etwa bei Anwendungen bzw. Diensten mit |
39 | Zugangskontrolle des Anbieters. [FN: Von Lewinski, Recht auf |
40 | Internet, RW 2011, 70, 86 nennt etwa Homebanking, |
41 | Versteigerungs-Portale und Online-Spiele.] |
42 | |
43 | Diese Grundrechtsgehalte sind jedoch nach der herrschenden |
44 | Lehre überwiegend der abwehrrechtlichen |
45 | Grundrechtskomponente zuzuordnen, sie richten sich daher |
46 | allein gegen staatliches Handeln, das in die |
47 | Informationsfreiheit eingreift. In Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 |
48 | GG ist demnach kein Anspruch auf Informationszugang oder |
49 | Zugang zu Informationsinfrastruktur enthalten. [FN: Herzog, |
50 | in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 101; |
51 | Schultze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 5 I, II Rn. 80; |
52 | Schemmer, in: BeckOK GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 32; Starck, |
53 | in: Mangoldt/Klein/ders., GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 50 |
54 | m.w.N.] Eine grundsätzliche Auskunftspflicht von Behörden |
55 | besteht daher beispielsweise nicht [FN: BVerfGE 103, 44, 59 |
56 | f. – „ntv“.], auch ein Anspruch auf Akteneinsicht soll sich |
57 | allein aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG nicht ergeben (was |
58 | nicht ausschließt, dass der Gesetzgeber ein weitreichendes |
59 | Recht vorsieht, wie in den Informationsfreiheitsgesetzen |
60 | des Bundes und zahlreicher Bundesländer vorgeschehen). [FN: |
61 | BVerwG NJW 1983, 2954. Nach h.M. bedarf das Grundrecht XXX] |
62 | Ein Beschränkung des Zugangs zum technischen Medium Internet |
63 | wäre daher auch nach herrschender Lehre nicht wegen des |
64 | damit Verbundenen Verlustes an Informationszugängen für den |
65 | Betreffenden über Art. 5 Abs. 1 GG der |
66 | verfassungsrechtlichen Prüfung zugänglich. [FN: Von |
67 | Lewinski, Recht auf Internet, RW 2011, 70 ff.] |
68 | |
69 | Der durch das Grundrecht der Informationsfreiheit gesicherte |
70 | Zugang ist eine zentrale Voraussetzung für die |
71 | verantwortliche Bildung einer eigenen Meinung. [FN: BVerfGE |
72 | 27, 71 (81)] In der Kommentarliteratur zu den |
73 | Informationsfreiheitsgesetzen wird die Auffassung vertreten, |
74 | dass einfachgesetzliche Zugangsansprüche wie die |
75 | Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder das |
76 | Grundrecht der Informationsfreiheit „aktivieren“. Das Recht |
77 | auf voraussetzungslosen Informationszugang zu amtlichen |
78 | Informationen wird insoweit als ein „Grundrecht aus der Hand |
79 | des einfachen Gesetzgebers“ gesehen. Diese |
80 | Grundrechtsaktivierung ist von besonderer Bedeutung für die |
81 | zahlreichen im Gesetz vorgesehenen Abwägungsprozesse [FN: |
82 | Berger/Roth/Scheel, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, S. |
83 | 54] Dies bedeutet, dass mit den |
84 | Informationsfreiheitsgesetzen das bisherige |
85 | Regel-Ausnahme-Verhältnis von Amtsgeheimnis und |
86 | voraussetzungslosem Informationszugang umgekehrt wird. Dies |
87 | habe zur Folge, dass Behördenakten grundsätzlich als |
88 | allgemein zugänglich Quellen anzusehen sind und dass die |
89 | Behörde die Darlegungslast für Ausnahmen und Beschränkungen |
90 | trifft und somit nicht der Antragstellende, sondern die |
91 | zugangsverwehrende Verwaltung begründungspflichtig ist. [FN: |
92 | Rossi, Informationsfreiheit und Verfassungsrecht, Berlin |
93 | 2004, S.220, Berger/Roth/Scheel, |
94 | Informationsfreiheitsgesetz, 2006, S. 54] |
95 | |
96 | Darüber hinausgehende Ansprüche auf Informationszugang |
97 | können unter Umständen nur aus anderen Vorschriften, |
98 | beispielsweise dem Verwaltungsverfahrensrecht, abgeleitet |
99 | werden; denkbar sind etwa bei bestimmten Konstellationen |
100 | Informationspflichten oder auch Ansprüche über Art. 12 GG |
101 | [FN: Vgl. Schemmer, in: BeckOK GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 32.] |
102 | oder Art. 20 Abs. 1 GG (staatliche Informationsquellen) [FN: |
103 | Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 101.]. So |
104 | gewährt das Grundgesetz nach der Rechtsprechung des |
105 | Bundesverfassungsgerichts sektoriell und in ihrer Reichweite |
106 | eng beschränkte Ansprüche auf Zugang zu amtlichen |
107 | Informationen aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Art. |
108 | 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 (zB Recht auf Kenntnis der |
109 | eigenen Abstammung; Recht auf Einsicht in die |
110 | Krankenunterlagen), dem Recht auf informationelle |
111 | Selbstbestimmung Art. 2 I i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG |
112 | (beschränkt auf Zugang zu Informationen zur eigenen |
113 | Person) sowie der Berufsfreiheit Art. 12 Abs. 1 GG (zB |
114 | Schutz der Grundrechtsvoraussetzungen etwa durch Anspruch |
115 | auf Informationen etwa über Genehmigungsvoraussetzungen oder |
116 | Besteuerung). |
117 | |
118 | Die Verfassungen Brandenburgs, Bremens, |
119 | Mecklenburg-Vorpommerns, Rheinland-Pfalz, Sachsens, |
120 | Sachsen-Anhalts und Thüringens gewähren sehr unterschiedlich |
121 | ausgestaltete Grundrechte auf Informationszugang. |
122 | |
123 | Es bleibt der Befund, dass das häufig im Munde geführte |
124 | „Recht auf Information“ oder das allgemeine gesteigerte |
125 | Interesse an Informationszugang jedenfalls in Art. 5 des |
126 | Grundgesetzes keine Stütze hat. Dies ist keineswegs nur |
127 | symbolischer Natur, sondern kann in Abwägungen mit anderen |
128 | Gütern – etwa Geheimhaltungsinteresse – hoch bedeutsam sein. |
129 | |
130 | Die EU-Grundrechtecharta enthält ein Grundrecht auf eine |
131 | Gute Verwaltung, das auch ein Recht auf Akteneinsicht mit |
132 | umfasst (Art. 41 Absatz 2 lit.c) sowie ein Grundrecht auf |
133 | Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen |
134 | Stellen der Union (Art. 42). Das Recht auf Zugang zu |
135 | Dokumenten ist zudem in Art. 15 Absatz 2 AEUV niedergelegt, |
136 | der auch eine Rechtssetzungskompetenz der EU in diesem |
137 | Bereich normiert. |
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03.03.01 Die Informationsfreiheit und ihre (mangelnde) verfassungsrechtliche Absicherung (Originalversion)
von EnqueteBuero, angelegt -
03.03.01 Die Informationsfreiheit und ihre verfassungsrechtliche Verankerung in Deutschland und Europa
(mangelnde) verfassungsrechtliche Absicherung(Originalversion)von EnqueteSekretariat, angelegt1 [Das gesamte Kapitel 03.03 wird von CDU/CSU und FDP2 streitig gestellt.]3 4 Informationsfreiheit und der Zugang zu amtlichen 5 Informationen stehen seit einiger Zeit im Mittelpunkt 6 europäischer Reformbemühungen. Mit der Entwicklung hin zur 7 modernen Infor-mationsgesellschaft haben sie weiter stark 8 an Bedeutung gewonnen. Durch sie sollen die de-mokratischen 9 Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger gestärkt 10 werden. Denn unab-hängig von einer individuellen 11 Betroffenheit sind Sachkenntnisse entscheidende 12 Vorausset-zung für eine bessere Beteiligung der Bürgerinnen 13 und Bürger an staatlichen Entscheidungs-prozessen. 14 15 Sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene 16 zeichnet sich weiterhin ein starker Trend hin zu mehr 17 Informationsfreiheit und zu einem offenen Zugang zu 18 amtlichen Informa-tionen ab. Auf gemeinschaftsrechtlicher 19 Ebene enthält bereits Art 42 der Grundrechte-Charta ein 20 Grundrecht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, 21 Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union. Daneben ist 22 in Art. 41 Abs. 2 lit. c) ein Grundrecht auf Gute 23 Verwaltung enthalten, welches auch ein Recht auf 24 Akteneinsicht umfasst. Transparenz und das Recht auf Zugang 25 zu Dokumenten werden zudem in Art. 1 Absatz 2 und Art. 15 26 Abs. 3 AEUV als Grundsätze der Union niedergelegt. Art. 15 27 Abs. 3 AEUV beinhaltet zugleich auch eine 28 Rechtssetzungskompetenz der EU für den Bereich der 29 europäischen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen. 30 31 Zwischen den EU-Mitgliedstaaten bestehen jedoch starke 32 kulturelle Unterschiede. So weisen insbesondere die 33 nordischen Länder eine starke Tradition hinsichtlich des 34 Zugangs zu staatli-chen Informationen auf. [ Kai Schadtle, 35 Informationsfreiheit und Verwaltungstransparenz in Europa: 36 Das Recht auf Zugang zu Dokumenten aus den 37 EG-Mitgliedstaaten auf dem Prüf-stand, DÖV 2008, 455 (455) 38 m. w. N. und Ilias Sofotis, Europarechtliche und 39 verfassungs-rechtliche Vorgaben zum Recht auf 40 Informationszugang, VR 2010, 397 (398)] In den siebzi-ger 41 Jahren des vergangenen Jahrhunderts folgten dann 42 Frankreich, Spanien, Portugal und die Niederlande, die 43 einen allgemeinen Akteneinsichtsanspruch einführten. 44 Großbritannien [ebenda] oder auch Deutschland 45 [ebenda] haben dagegen erst vor wenigen Jahren Abstand vom 46 Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit genommen. [ 47 ebenda] Eine gemeinsame Kultur der Informationsfreiheit 48 konnte sich daher bisher noch nicht vollständig etablieren. 49 [ebenda] 50 51 Die Europäische Menschenrechtskonvention enthält zwar kein 52 ausdrückliches Grundrecht auf Zugang zu amtlichen 53 Dokumenten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 54 hat je-doch in einer Entscheidung vom 14. April 2009 55 [Urteil des EGMR vom 14. April 2009 (Rechtssache TASZ gegen 56 Ungarn); Nr. 37374/05] grundsätzlich den Zugang zu 57 amtlichen Dokumenten als Folge von Art. 10 EMRK (Meinungs- 58 und Informationsfreiheit) anerkannt. Ein Verstoß gegen Art. 59 10 EMRK liege vor, wenn öffentliche Organe über 60 Informationen verfügen würden, die für eine öffentliche 61 Debatte erforderlich sind und eine Ablehnung der 62 Bereitstellung von Dokumenten in dieser Angelegenheit an 63 diejenigen, die Zugang erbitten, erfolge. Gleichzeitig hat 64 er ausgeführt, dass Art. 10 EMRK dem einzelnen (...) kein 65 Zugangs-recht zu einem Register überträgt, welches 66 Informationen über seine persönliche Position ent-hält, es 67 stellt auch keine Verpflichtung für den Staat dar, 68 derartige Informationen an den ein-zelnen weiterzugeben. 69 Zudem sei es schwierig, aus der EMRK ein generelles 70 Zugangsrecht zu Verwaltungsdaten und Dokumenten abzuleiten. 71 [ebenda] 72 73 Auch auf der Ebene des Völkerrechts hat bereits vor einigen 74 Jahren ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Vorläufer war 75 die sog. Aarhus-Konvention über den Zugang zu 76 Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung und den 77 Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Sie sieht 78 einerseits den auf Antrag erfolgenden individuellen Zugang 79 zu amtlichen Informationen über die Umwelt vor, 80 andererseits werden die Vertragsstaaten aber auch zu der 81 von Amts we-gen erfolgenden Verbreitung von Informationen 82 über die Umwelt verpflichtet. [ Vgl. hierzu auch Friedrich 83 Schoch, Informationsrecht in einem grenzüberschreitenden 84 und europäischen Kontext; EuZW 2011, 388 (389)] 85 86 Im allgemeinen Informationszugangsrecht stellt das 87 Übereinkommen des Europarats über den Zugang zu amtlichen 88 Dokumenten vom November 2008 einen Meilenstein dar. Nach 89 der in Art. 2 Abs. 1 normierten Grundregel garantiert jede 90 Vertragspartei jedem ohne jede Diskrimi-nierung das Recht, 91 auf seinen Antrag hin Zugang zu amtlichen Dokumenten im 92 Besitz staatli-cher Behörden zu erhalten. Das Abkommen 93 haben derzeit zwar bereits 14 Staaten unterzeich-net, 94 umgesetzt wurde es allerdings erst in 6 Staaten. 95 Deutschland hat das Übereinkommen bisher ebenfalls noch 96 nicht gezeichnet und auch nicht ratifiziert. Damit es in 97 allen Staaten des Europarates wirksam wird, sind mindestens 98 10 Ratifizierungen erforderlich. [ebenda] 99 100 Die OSZE hat vor kurzem konstatiert, dass das Recht auf 101 Zugang zu Informationen in Europa und Amerika als 102 Grundrecht angesehen werde. [OSCE, Comments on the draft 103 law on trans-parency, access to information and good 104 governance of Spain, April 2012, S. 2] 105 106 Das Grundgesetz enthält in Art. 5 Abs.1 S. 1 das Grundrecht 107 auf Informationsfreiheit. Nach dessen Schutzbereich hat 108 jede Person das Recht, sich aus allgemein zugänglichen 109 Quellen ungehindert zu unterrichten. Dieses Recht soll die 110 (informierte) Meinungsbildung ermöglichen und stellt damit 111 die Grundlage für die Ausübung der in Art. 5 Abs. 1 S. 1 112 Hs. 1 GG ver-ankerten Freiheit, seine Meinung zu äußern, 113 dar. [ BVerfG Urteil vom 05.08.1966 - 1 BvR 586/62, 1 BvR 114 610/63, 1 BvR 512/64; BVerfGE 20, 162, 174 – 115 „Spiegel-Urteil“.] Als Grund-recht steht die 116 Informationsfreiheit so gleichwertig neben der Meinungs- 117 und Pressefreiheit. 118 119 Der historische Hintergrund der Informationsfreiheit im 120 Grundgesetz sind die nationalsozia-listischen 121 Informationsverbote und -beschränkungen etwa hinsichtlich 122 des Hörens ausländi-scher Rundfunksender. [ Marion Albers, 123 Grundlagen und Ausgestaltung der 124 Informationsfrei-heitsgesetze, ZJS 2009, 614 (616) m. w. 125 N.] Garantiert wird das Recht, sich ungehindert und somit 126 frei aus „allgemein zugänglichen Quellen“ zu informieren. 127 Unter „Information“ werden sowohl Meinungen als auch 128 Tatsachen verstanden. Eine Schlüsselposition nimmt auch der 129 Begriff der „allgemein zugänglichen Quellen“ ein. Er wird 130 so definiert, dass eine Quelle all-gemein zugänglich ist, 131 wenn sie tatsächlich geeignet und auch dazu bestimmt ist, 132 einem indi-viduell nicht begrenzten Personenkreis 133 Informationen zu verschaffen. 134 Neben der tatsächlichen Eignung setzt die 135 Allgemeinzugänglichkeit einer Quelle eine ent-sprechende 136 Bestimmung durch denjenigen voraus, der über die 137 Zugänglichkeit und über Art oder Modalitäten der 138 Zugangseröffnung entscheiden darf. Nach der Rechtsprechung 139 des Bundesverfassungsgerichts und des 140 Bundesverwaltungsgerichts ist das derjenige, der nach der 141 Rechtsordnung über ein entsprechendes Bestimmungsrecht 142 verfügt. Für den Staat ergeben sich einschlägige 143 Entscheidungskompetenzen in der Regel aus Vorschriften des 144 öffentlichen Rechts. 145 146 Leitentscheidung für den Umfang des Grundrechts auf 147 Informationsfreiheit war die sog. n.tv-Entscheidung [ 148 Urteil des BVerfG vom 24.01.2001 - 1 BvR 2623/95, 1 BvR 149 622/99; BVerf-GE 103,44 ff], in der das 150 Bundesverfassungsgericht umfassend zur Auslegung des 151 Grund-rechts Stellung genommen hat. Nach dieser 152 Entscheidung, die vor Inkrafttreten des 153 Informa-tionsfreiheitsgesetzes ergangen ist, können sich 154 zwar nicht aus der Informationsfreiheit, aber aus 155 anderweitigen verfassungsrechtlichen Grundlagen staatliche 156 Verpflichtungen ergeben, eine allgemeine Zugänglichkeit 157 einer Informationsquelle herzustellen. Dies wirkt zudem auf 158 den objektiv- und individualrechtlichen Schutzumfang der 159 Informationsfreiheit zurück: 160 161 „Das Grundrecht umfasst allerdings ein gegen den Staat 162 gerichtetes Recht auf Zugang in Fällen, in denen eine im 163 staatlichen Verantwortungsbereich liegende 164 Informations-quelle auf Grund rechtlicher Vorgaben zur 165 öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt ist, der Staat den 166 Zugang aber verweigert. [...] Legt der Gesetzgeber die Art 167 der Zugäng-lichkeit von staatlichen Vorgängen und damit 168 zugleich das Ausmaß der Öffnung dieser Informationsquelle 169 fest, so wird in diesem Umfang zugleich der Schutzbereich 170 der In-formationsfreiheit eröffnet. [...] Folgt [...] aus 171 Verfassungsrecht, dass der Zugang als solcher weiter oder 172 gar unbeschränkt hätte eröffnet werden müssen, kann dies 173 vom Träger des Grundrechts der Informationsfreiheit [...] 174 geltend gemacht werden.“ [Ebenda, BVerfGE 103, 44 (60)] 175 176 Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG vermittelt dementsprechend 177 keinen Anspruch gegen den Staat auf voraussetzungslosen 178 Informationszugang oder Schaffung neuer 179 Informationsquellen. [ Urteil des VG Hamburg; Az.: 7 K 180 539/08, S. 11 m. w. N. sowie Evaluationsbericht IFG; S. 51] 181 Vielmehr ist die Allgemeinzugänglichkeit einer Information 182 allein anhand der tatsächli-chen Lage zu bestimmen: 183 Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, wenn sie 184 geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem 185 individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen 186 zu verschaffen. Über diese Zugänglichkeit und die Art der 187 Zugangseröffnung entscheidet danach derjenige, der nach der 188 Rechtsordnung über ein entsprechendes Bestimmungsrecht 189 verfügt. [ Urteil des VG Hamburg; Az.: 7 K 539/08, S. 11 m. 190 w. N. sowie Evaluationsbericht IFG; S. 51 f.Ilias Sofotis, 191 Europarechtliche und verfassungsrechtliche Vorgaben zum 192 Recht auf Informationszugang, VR 2010, 397 (400) ] 193 194 Da das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip mit dem 195 Transparenzprinzip verknüpft sind, ist dem Staat jedoch 196 zumindest dann die Pflicht zur Errichtung oder Initiierung 197 von Informati-onsquellen auferlegt, wenn auf andere Weise 198 eine möglichst objektive Information und damit die 199 Entstehung einer möglichst an den Tatsachen orientierten 200 Meinung nicht besteht. Schließlich gewähre das 201 Demokratieprinzip dem Volk gewisse Kontroll- und 202 Lenkungsfunk-tionen dem staatlichen Handeln gegenüber. Es 203 gäbe daher ein Publizitätsgebot des staatlichen Handelns. 204 Schließlich sei der gesicherte Zugang zu Informationen eine 205 zentrale Voraussetzung für die verantwortliche Bildung 206 einer eigenen Meinung. [FN folgt] Ein subjektives Recht 207 könne hieraus allerdings nicht hergeleitet werden. [FN 208 folgt] 209 210 In mehreren Kommentaren zu den 211 Informationsfreiheitsgesetzen wird [FN folgt] zudem die 212 Auffassung vertreten, dass einfachgesetzliche 213 Zugangsansprüche wie die Informationsfrei-heitsgesetze des 214 Bundes und der Länder das Grundrecht der 215 Informationsfreiheit „aktivieren“. Das Recht auf 216 voraussetzungslosen Informationszugang zu amtlichen 217 Informationen wird insoweit als ein „Grundrecht aus der 218 Hand des einfachen Gesetzgebers“ gesehen. Von Bedeutung 219 wird dies bei den zahlreichen in den 220 Informationsfreiheitsgesetzen vorgesehenen 221 Abwägungsprozesse sein. [Berger/Roth/Scheel, 222 Informationsfreiheitsgesetz, 2006, S. 54] Mit den 223 Informationsfreiheitsgesetzen wird das bisherige 224 Regel-Ausnahme-Verhältnis von beschränktem Amtsgeheimnis 225 und voraussetzungslosem Informationszugang umgekehrt. Dies 226 hat zur Folge, dass Behördenakten grundsätzlich als 227 allgemein zugängliche Quellen anzusehen sind und dass die 228 Behörde die Darlegungslast für Ausnahmen und Beschränkungen 229 trifft und somit nicht der Antragstellende, sondern die 230 zugangsverwehrende Verwaltung begründungspflichtig 231 ist.[Rossi, Informationsfreiheit und Verfassungsrecht, 232 Berlin 2004, S.220, Berger/Roth/Scheel, 233 Informationsfreiheitsgesetz, 2006, S. 54] 234 235 Unter besonderen Umständen können sich auch aus anderen 236 Grundrechten Ansprüche auf ein staatliches Tätigwerden mit 237 dem Ziel der Sicherung der grundrechtlich geschützten 238 Rechtsgü-ter ergeben. [ Evaluationsbericht IFG; S. 51 f.] 239 Daher können Informationszugangsansprüche insoweit 240 bestehen, als diese zur Ermöglichung der grundrechtlich 241 geschützten Freiheit uner-lässlich sind. [ebenda] So 242 gewährt das Grundgesetz nach der Rechtsprechung des 243 Bundesver-fassungsgerichts sektoriell und in ihrer 244 Reichweite eng beschränkte Ansprüche auf Zugang zu 245 amtlichen Informationen aus dem allgemeinen 246 Persönlichkeitsrecht Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 247 (z. B. Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung; Recht auf 248 Einsicht in die Kran-kenunterlagen), dem Recht auf 249 informationelle Selbstbestimmung Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 250 Art. 1 Abs. 1 GG (beschränkt auf Zugang zu Informationen 251 zur eigenen Person). Aber auch ein un-mittelbar aus der 252 Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG hergeleiteter 253 Auskunftsanspruch ist in den Fällen anerkannt, in denen 254 eine behördliche Auskunft zum Schutz der Berufsfreiheit 255 uner-lässlich ist. [ebenda]Weiter kann ein Anspruch auf 256 Informationszugang auch aus dem allge-meinen 257 Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit 258 einer ständigen Verwal-tungspraxis der Behörde folgen. 259 [ebenda] 260 261 262