Papier: 03.02.05 Regieren und Verwalten in der digital vernetzten Welt: Chancen und Herausforderungen von E-Government Teil 2

Originalversion

1 Adäquate Wirtschaftlichkeitsberechnung
2
3 Insgesamt stellt sich die Herausforderung, öffentlichen
4 IT-Projekten grundsätzlich eine sachgerechtere
5 Wirtschaftlichkeitsberechnung und Technikfolgenabschätzung
6 vorausgehen zu lassen. Bei dieser Analyse besteht die
7 Schwierigkeit, die Kosten des Einsatzes vor Inbetriebnahme
8 der neuen IT-basierten Infrastruktur abzuschätzen. Es ist
9 geradezu charakteristisch für die Entwicklung von
10 IT-Produkten, dass bei Vertragsschluss nicht wirklich klar
11 ist, welche Kosten durch die verschiedenen in Auftrag
12 gegebenen Projekte entstehen werden. Oft übersteigen die
13 endgültig entstandenen Kosten, die zu Beginn veranschlagten
14 Kosten um ein Vielfaches und geplante Kostensenkungen
15 treten, wenn überhaupt, erst über einen langfristigen
16 Zeitraum ein. So erfordert jedoch das Fach-, Verfahrens- und
17 Haushaltsrecht eine detaillierte Planung, die im Nachhinein
18 oftmals aufgrund der sich schnell ändernden Technologie oder
19 aber des Ressourcenbedarfs schnell hinfällig wird.
20 Kurzfristige Anpassungen an eingetretene Veränderungen sind
21 aufgrund der vorhandenen Strukturen oftmals nicht möglich.
22 Ein entsprechendes Risikomanagement und eine ggf.
23 erforderliche Fehlerkultur sind oftmals nur schwach
24 ausgeprägt.
25
26 Regelmäßig wiederkehrende Untersuchungen zu IT-Projekten in
27 den USA haben zudem ergeben, dass 24% aller dort
28 durchgeführten IT-Projekte vollständig und 44% aller
29 IT-Projekte sich zumindest verzögern oder aber nicht im
30 vorhergesehenen Budgetrahmen beendet werden können [FN:
31 Standish Group (2009): Chaos 2009 Summary and EPPM Study,
32 Standish Group, West Yarmouth MA ].
33
34 Wesentliche Herausforderungen für laufende und zukünftige
35 E-Government-Projekte liegen daher in einer soliden und
36 umfassenden Planung und der Einbeziehung möglichst aller
37 betroffenen Akteure. Diese Planung muss auch praxistauglich
38 sein, um ein späteres Scheitern auszuschließen. Dabei hat
39 sich gezeigt, dass eine frühzeitige Definition des zu
40 erwartenden Nutzens und eine realistische Kostenkalkulation
41 sowie eine frühzeitige Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und
42 Mitarbeiter und die Gewährleistung der Unterstützung des
43 Projektes durch die Führungskräfte eine besondere Rolle
44 spielen.
45
46 Eine weitere große Herausforderung ist die
47 datenschutzkonforme Gestaltung von E-Government-Prozessen,
48 die ebenfalls ein Bestandteil der
49 Wirtschaftlichkeitsberechnungen ist. Zudem stellt sich die
50 Frage, wie Führungskräfte im öffentlichen Dienst für Fragen
51 des Schutzes und der Sicherheit von personenbezogenen Daten,
52 sowohl von Bürgerinnen und Bürgern als auch von
53 Beschäftigten, noch mehr sensibilisiert werden können.
54 Entsprechende Fragestellungen (z.B. durch Privacy-by-Design)
55 sollten bereits in der Phase der ersten Konzeptionierung von
56 E-Government-Abläufen und bei der Zusammenstellung von
57 Entwicklungsteams berücksichtigt werden. Auf gemachte
58 Erfahrungen aus der Praxis sollte zurückgegriffen werden.
59
60 Besondere Anforderungen bestehen damit auch an das mit der
61 Durchführung der Projekte betraute Personal. Selbst wenn
62 Teile der Projektdurchführung an externe Dienstleister
63 vergeben werden, muss eine fachlich kompetente
64 Projektsteuerung durch die Verwaltung erfolgen. Falls die
65 Erstellung und Umsetzung ausschließlich „Inhouse“ erfolgt,
66 muss hierfür ebenfalls das entsprechend geschulte und
67 ausgebildete Personal vorhanden sein. Aufgrund der derzeit
68 starken Nachfrage nach Fachkräften im IT-Bereich müssen sich
69 Bund, Länder und Gemeinden auch in diesem Bereich besonderen
70 Herausforderungen stellen. Sie stehen hierbei in einem
71 durchaus schwierigen Wettbewerb zur Wirtschaft. Aufgrund der
72 Gehaltsstruktur im Öffentlichen Dienst bestehen daher
73 erhebliche Schwierigkeiten, qualifizierte IT-Fachkräfte
74 dauerhaft an den Öffentlichen Dienst zu binden.
75
76
77 Akzeptanzfaktoren bei E-Government-Projekten
78
79 Die Akzeptanz entsprechender Projekte hängt auch davon ab,
80 dass die Kosten nicht gesteigert und die Qualität, Effizienz
81 und die Bürgernähe der Verwaltung verbessert und bestehende
82 Rechte der Bürger und Beschäftigten gewahrt werden. Der
83 Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger sowie des beteiligten
84 Personals bildet den Kern der E-Governmentprojekte. Ist
85 dieser nicht evident, können Akzeptanzprobleme entstehen,
86 die wiederum schnell zu Reibungsverlusten führen können, die
87 die Sinnhaftigkeit der E-Governmentmaßnahmen in Frage
88 stellen.
89
90 Ein grundsätzliches Akzeptanzproblem und die Möglichkeit
91 eines Vertrauensverlustes in E-Government-Verfahren können
92 die Gefahr eines Datenverlustes bzw. der nicht ausreichende
93 Schutz der eigenen personenbezogenen Daten hervorrufen. Dies
94 belegt beispielsweise auch der eGovernment Monitor 2011 [FN:
95 Vgl. Kapitel 2.1], bei dem 52% der Befragten die fehlende
96 Datensicherheit als Grund für ihre Nichtteilnahme an
97 E-Government-Angeboten angaben. Die Berücksichtigung der
98 Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger an eine hohe
99 Datensicherheit und der Schutz ihrer personenbezogenen Daten
100 müssen daher ebenfalls gewährleistet sein. Sie tragen
101 überdurchschnittlich zur Akzeptanz von
102 E-Government-Projekten bei.
103
104 Öffentliche Diskussionen über möglicherweise rechtswidrige
105 Eingriffe des Staates über von ihm zur Verfügung gestellte
106 bzw. verwendete Software, beispielsweise an Schulen, können
107 daher zu einer erheblichen Verunsicherung der Bürgerinnen
108 und Bürger gegenüber den elektronischen Angeboten der
109 Verwaltung beitragen. Es kann zudem schnell eine Vermischung
110 mit sonstigen von Dritten bewusst gesteuerten
111 Sicherheitsrisiken im Bereich des Internets, wie
112 beispielsweise durch Trojaner, Angriffe durch sogenanntes
113 „Cross-Site-Scripting (XSS)“ oder „Browser-Hijacking“
114 erfolgen. Dies alles verringert die Akzeptanz entsprechender
115 E-Government-Angebote und die Bereitschaft, sich auf neue
116 technische Lösungen einzulassen. Umso mehr ist es die
117 Pflicht der Verwaltung, sich an Recht und Gesetz zu halten
118 und auch im Bereich des E-Governments die
119 verfassungsrechtlich verankerten Grundrechte zu beachten.
120
121 E-Government steht somit genauso wie analog organisierte
122 Verwaltung vor der Herausforderung, Grundrechte,
123 Datenschutzbelange und andere staatsbürgerliche Positionen
124 der Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen.
125 Digitalisierung und zunehmende Vernetzung, die
126 charakteristisch für E-Government-Dienstleistungen sind,
127 ermöglichen vielfach einen zentralen Zugriff auf
128 personenbezogene Daten der Bürgerinnen und Bürger. Die
129 Zentralisierung, die Arbeitsabläufe gerade in großflächigen
130 Gegenden effizient auszugestalten vermag, birgt die Gefahr,
131 dass personenbezogene Daten auch einen entsprechend großen
132 Verbreitungsgrad finden. Im Fokus der elektronischen
133 Verwaltung steht u. a. die Optimierung der Datenflüsse
134 innerhalb der Behörden. Daher werden vielfach manuelle
135 Tätigkeiten durch automatisierte Abläufe ersetzt.
136 Informationen einer Akte etwa sollen zentral angefordert,
137 individuell bearbeitet und wiederum zentral gespeichert
138 werden können.
139
140 Die Einhaltung der bestehenden datenschutzrechtlichen
141 Regelungen und deren Überwachung durch unabhängige
142 Datenschutzbeauftragte bietet bereits eine Grundlage, um das
143 Bürgervertrauen in elektronische Verwaltung zu stärken.
144 Darüber hinaus gilt es, wichtige Datenschutzgrundsätze, wie
145 beispielsweise die Frage der Zweckbindung und der
146 Erforderlichkeit, durch die zur Verfügung stehenden Mittel
147 von Beratung, Kontrolle, Technik, und Aufsicht täglich
148 unmittelbar in die elektronische Verwaltung umzusetzen. Eine
149 erfolgreiche Umstellung auf E-Government-Dienstleistung
150 geschieht daher sowohl unter Wahrung datenschutzrechtlicher
151 Anforderungen als auch durch Effizienzerhöhung der
152 Arbeitsabläufe. IT-basierte Verwaltungsdienstleistungen
153 werden umso mehr in Anspruch genommen, als Bürgerinnen und
154 Bürger in die sichere Verwendung ihrer Daten vertrauen und
155 davon überzeugt sind, dass die Grundsätze der
156 Datensparsamkeit und Zweckbindung besonders bei
157 E-Government-Dienstleistungen „gelebt“ werden.
158
159 Eine wichtige Herausforderung der öffentlichen Hand im
160 Rahmen modernen E-Governments ist auch der Schutz der Rechte
161 der Nutzerinnen und Nutzern sozialer Netzwerke. Die
162 Interaktionsmöglichkeiten des Web 2.0, insbesondere durch
163 soziale Netzwerke und Portale, ermöglichen auf der einen
164 Seite eine schnelle Rückkopplung zu den nutzenden
165 Bürgerinnen und Bürgern, um so noch besser auf deren
166 Anforderungen und Anliegen einzugehen. Auf der anderen Seite
167 gibt es aber auch noch vielfältige Schwierigkeiten bei der
168 Durchsetzung nationalen Datenschutzrechts bei international
169 agierenden, und im Ausland ansässigen Anbietern. [FN: Vgl.
170 hierzu PG Datenschutz Kapitel 2.1.9]
171
172 Darüber hinaus besteht das grundsätzliche Risiko, dass die
173 Verlagerung von eigentlich öffentlicher Kommunikation in
174 soziale Netzwerke zu einer Exklusion und Ausgrenzung von
175 Bürgerinnen und Bürgern führt, die eben nicht Mitglied in
176 den entsprechenden sozialen Netzwerken sind. Darüber hinaus
177 können die Betreiber entsprechender Plattformen auch alle
178 zur Verfügung gestellten Informationen und personenbezogenen
179 Daten auswerten und nutzen. Dies kann je nach Angebot zu
180 erheblichen Akzeptanzproblemen bei den Nutzerinnen und
181 Nutzern bzw. zu einem deutlich angepassten Nutzungsverhalten
182 führen. E-Government-Strategien müssen daher bei einer
183 Nutzung von Social Media-Plattformen auch diese Effekte von
184 Beginn an berücksichtigen und in ihre Überlegungen mit
185 einbeziehen.
186
187 Teilhabe durch offene Standards und Barrierefreiheit in
188 E-Government- Dienstleistungen
189 Um die Teilnahmemöglichkeit aller Bürgerinnen und Bürger an
190 E-Government-Angeboten zu gewährleisten, ist es für den
191 Staat eine große Herausforderung, deren äußerst
192 unterschiedliche Computer-Ausstattung zu berücksichtigen und
193 in allen E-Government-Dienstleistungen mit offenen Standards
194 und Barrierefreiheit zu verwirklichen.
195
196
197 Transparenz /Mobilität
198
199 Ein großer Vorteil von E-Government-Dienstleistungen kann im
200 Transparenzpotential und der Komfortabilität für Bürgerinnen
201 und Bürger bestehen. IT-Dienstleistungen, die Vertrauen
202 schaffen und einen Beitrag zur Transparenz von
203 Verwaltungsprozessen leisten, können die Nutzung für
204 Bürgerinnen und Bürger komfortabel und attraktiv machen.
205 Eine weitere Herausforderung aber auch Chance wird darin
206 bestehen, die bisher bereits vorhandenen aber auch die
207 zukünftig noch folgenden Dienste und E-Government-Angebote
208 auch als mobile Dienste zu konzipieren und anzubieten. Mit
209 der Verbreitung mobiler Endgeräte werden schließlich auch
210 die Anforderungen an mobile E-Government-Dienste steigen.
211 Behörden werden daher mittel- und langfristig sicherstellen
212 müssen, dass ihre Angebote auch mobil abrufbar und nutzbar
213 sind; zumindest soweit sie hierzu geeignet sind.
214
215
216 Schlussbetrachtung
217
218 Eine zentrale Herausforderung für E-Government in
219 Deutschland besteht darin, eine demokratische Raumordnung
220 für die Informationsgesellschaft zu schaffen. Rechtliche,
221 technische und soziale Standards müssen hierfür fortlaufend
222 gesetzt und angepasst werden, um auch in Zukunft die
223 Daseinsvorsorge zu garantieren. Dabei stellt sich für die
224 Verwaltung die Frage, ob eine IT-Umsetzung sinnvoll ist und
225 wie sie sowohl den Bürgerinnen und Bürgern als auch den
226 Unternehmen einen guten und kosteneffizienten Service
227 anbietet, der dem technischen Stand der Zeit entspricht,
228 ohne jemanden grundsätzlich von der Nutzung staatlicher
229 Angebote auszuschließen. Hierbei sollte idealerweise der
230 Staat auch noch der ihm zugeschriebenen Vorbildfunktion bei
231 der Gestaltung und Ausprägung der angebotenen
232 Dienstleistungen (beispielsweise durch offene Standards)
233 gerecht werden.
234
235 Werden IT-Projekte in Kooperation mit privaten Unternehmen
236 realisiert, so gilt es zu beachten, dass öffentlich private
237 Partnerschaften oder aber ein Outsourcing von Leistungen in
238 einem Spannungsverhältnis zu den Anforderungen an die
239 Selbstverwaltung und die Steuerungsfähigkeit der
240 öffentlichen Hand stehen können.
241
242 IT-basiertes Regieren und Verwalten birgt somit nicht nur
243 ein großes Potenzial für neue, bessere und effizientere
244 gemeinwohlorientierte öffentliche Dienste, sondern auch neue
245 Möglichkeiten der Teilhabe und Partizipation der Bürgerinnen
246 und Bürgern sowie neue Geschäftsmodelle für Unternehmen.
247 E-Government kann aber auch, wenn die politischen und
248 organisatorischen Rahmenbedingungen nicht stimmen oder aber
249 die rechtlichen nicht beachtet werden, das Gegenteil
250 bewirken: Soziale Ausgrenzung, Entdemokratisierung,
251 rechtswidrige Überwachung, Abbau von Bürger- und
252 Beschäftigtenrechten und einen Anstieg an Bürokratie und
253 enorme Kosten für den Steuerzahler.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Adäquate Wirtschaftlichkeitsberechnung
2
3 Insgesamt stellt sich die Herausforderung, öffentlichen
4 IT-Projekten grundsätzlich eine sachgerechtere
5 Wirtschaftlichkeitsberechnung und Technikfolgenabschätzung
6 vorausgehen zu lassen. Bei dieser Analyse besteht die
7 Schwierigkeit, die Kosten des Einsatzes vor Inbetriebnahme
8 der neuen IT-basierten Infrastruktur abzuschätzen. Es ist
9 geradezu charakteristisch für die Entwicklung von
10 IT-Produkten, dass bei Vertragsschluss nicht wirklich klar
11 ist, welche Kosten durch die verschiedenen in Auftrag
12 gegebenen Projekte entstehen werden. Oft übersteigen die
13 endgültig entstandenen Kosten, die zu Beginn veranschlagten
14 Kosten um ein Vielfaches und geplante Kostensenkungen
15 treten, wenn überhaupt, erst über einen langfristigen
16 Zeitraum ein. So erfordert jedoch das Fach-, Verfahrens- und
17 Haushaltsrecht eine detaillierte Planung, die im Nachhinein
18 oftmals aufgrund der sich schnell ändernden Technologie oder
19 aber des Ressourcenbedarfs schnell hinfällig wird.
20 Kurzfristige Anpassungen an eingetretene Veränderungen sind
21 aufgrund der vorhandenen Strukturen oftmals nicht möglich.
22 Ein entsprechendes Risikomanagement und eine ggf.
23 erforderliche Fehlerkultur sind oftmals nur schwach
24 ausgeprägt.
25
26 Regelmäßig wiederkehrende Untersuchungen zu IT-Projekten in
27 den USA haben zudem ergeben, dass 24% aller dort
28 durchgeführten IT-Projekte vollständig und 44% aller
29 IT-Projekte sich zumindest verzögern oder aber nicht im
30 vorhergesehenen Budgetrahmen beendet werden können [FN:
31 Standish Group (2009): Chaos 2009 Summary and EPPM Study,
32 Standish Group, West Yarmouth MA ].
33
34 Wesentliche Herausforderungen für laufende und zukünftige
35 E-Government-Projekte liegen daher in einer soliden und
36 umfassenden Planung und der Einbeziehung möglichst aller
37 betroffenen Akteure. Diese Planung muss auch praxistauglich
38 sein, um ein späteres Scheitern auszuschließen. Dabei hat
39 sich gezeigt, dass eine frühzeitige Definition des zu
40 erwartenden Nutzens und eine realistische Kostenkalkulation
41 sowie eine frühzeitige Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und
42 Mitarbeiter und die Gewährleistung der Unterstützung des
43 Projektes durch die Führungskräfte eine besondere Rolle
44 spielen.
45
46 Eine weitere große Herausforderung ist die
47 datenschutzkonforme Gestaltung von E-Government-Prozessen,
48 die ebenfalls ein Bestandteil der
49 Wirtschaftlichkeitsberechnungen ist. Zudem stellt sich die
50 Frage, wie Führungskräfte im öffentlichen Dienst für Fragen
51 des Schutzes und der Sicherheit von personenbezogenen Daten,
52 sowohl von Bürgerinnen und Bürgern als auch von
53 Beschäftigten, noch mehr sensibilisiert werden können.
54 Entsprechende Fragestellungen (z.B. durch Privacy-by-Design)
55 sollten bereits in der Phase der ersten Konzeptionierung von
56 E-Government-Abläufen und bei der Zusammenstellung von
57 Entwicklungsteams berücksichtigt werden. Auf gemachte
58 Erfahrungen aus der Praxis sollte zurückgegriffen werden.
59
60 Besondere Anforderungen bestehen damit auch an das mit der
61 Durchführung der Projekte betraute Personal. Selbst wenn
62 Teile der Projektdurchführung an externe Dienstleister
63 vergeben werden, muss eine fachlich kompetente
64 Projektsteuerung durch die Verwaltung erfolgen. Falls die
65 Erstellung und Umsetzung ausschließlich „Inhouse“ erfolgt,
66 muss hierfür ebenfalls das entsprechend geschulte und
67 ausgebildete Personal vorhanden sein. Aufgrund der derzeit
68 starken Nachfrage nach Fachkräften im IT-Bereich müssen sich
69 Bund, Länder und Gemeinden auch in diesem Bereich besonderen
70 Herausforderungen stellen. Sie stehen hierbei in einem
71 durchaus schwierigen Wettbewerb zur Wirtschaft. Aufgrund der
72 Gehaltsstruktur im Öffentlichen Dienst bestehen daher
73 erhebliche Schwierigkeiten, qualifizierte IT-Fachkräfte
74 dauerhaft an den Öffentlichen Dienst zu binden.
75
76
77 Akzeptanzfaktoren bei E-Government-Projekten
78
79 Die Akzeptanz entsprechender Projekte hängt auch davon ab,
80 dass die Kosten nicht gesteigert und die Qualität, Effizienz
81 und die Bürgernähe der Verwaltung verbessert und bestehende
82 Rechte der Bürger und Beschäftigten gewahrt werden. Der
83 Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger sowie des beteiligten
84 Personals bildet den Kern der E-Governmentprojekte. Ist
85 dieser nicht evident, können Akzeptanzprobleme entstehen,
86 die wiederum schnell zu Reibungsverlusten führen können, die
87 die Sinnhaftigkeit der E-Governmentmaßnahmen in Frage
88 stellen.
89
90 Ein grundsätzliches Akzeptanzproblem und die Möglichkeit
91 eines Vertrauensverlustes in E-Government-Verfahren können
92 die Gefahr eines Datenverlustes bzw. der nicht ausreichende
93 Schutz der eigenen personenbezogenen Daten hervorrufen. Dies
94 belegt beispielsweise auch der eGovernment Monitor 2011 [FN:
95 Vgl. Kapitel 2.1], bei dem 52% der Befragten die fehlende
96 Datensicherheit als Grund für ihre Nichtteilnahme an
97 E-Government-Angeboten angaben. Die Berücksichtigung der
98 Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger an eine hohe
99 Datensicherheit und der Schutz ihrer personenbezogenen Daten
100 müssen daher ebenfalls gewährleistet sein. Sie tragen
101 überdurchschnittlich zur Akzeptanz von
102 E-Government-Projekten bei.
103
104 Öffentliche Diskussionen über möglicherweise rechtswidrige
105 Eingriffe des Staates über von ihm zur Verfügung gestellte
106 bzw. verwendete Software, beispielsweise an Schulen, können
107 daher zu einer erheblichen Verunsicherung der Bürgerinnen
108 und Bürger gegenüber den elektronischen Angeboten der
109 Verwaltung beitragen. Es kann zudem schnell eine Vermischung
110 mit sonstigen von Dritten bewusst gesteuerten
111 Sicherheitsrisiken im Bereich des Internets, wie
112 beispielsweise durch Trojaner, Angriffe durch sogenanntes
113 „Cross-Site-Scripting (XSS)“ oder „Browser-Hijacking“
114 erfolgen. Dies alles verringert die Akzeptanz entsprechender
115 E-Government-Angebote und die Bereitschaft, sich auf neue
116 technische Lösungen einzulassen. Umso mehr ist es die
117 Pflicht der Verwaltung, sich an Recht und Gesetz zu halten
118 und auch im Bereich des E-Governments die
119 verfassungsrechtlich verankerten Grundrechte zu beachten.
120
121 E-Government steht somit genauso wie analog organisierte
122 Verwaltung vor der Herausforderung, Grundrechte,
123 Datenschutzbelange und andere staatsbürgerliche Positionen
124 der Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen.
125 Digitalisierung und zunehmende Vernetzung, die
126 charakteristisch für E-Government-Dienstleistungen sind,
127 ermöglichen vielfach einen zentralen Zugriff auf
128 personenbezogene Daten der Bürgerinnen und Bürger. Die
129 Zentralisierung, die Arbeitsabläufe gerade in großflächigen
130 Gegenden effizient auszugestalten vermag, birgt die Gefahr,
131 dass personenbezogene Daten auch einen entsprechend großen
132 Verbreitungsgrad finden. Im Fokus der elektronischen
133 Verwaltung steht u. a. die Optimierung der Datenflüsse
134 innerhalb der Behörden. Daher werden vielfach manuelle
135 Tätigkeiten durch automatisierte Abläufe ersetzt.
136 Informationen einer Akte etwa sollen zentral angefordert,
137 individuell bearbeitet und wiederum zentral gespeichert
138 werden können.
139
140 Die Einhaltung der bestehenden datenschutzrechtlichen
141 Regelungen und deren Überwachung durch unabhängige
142 Datenschutzbeauftragte bietet bereits eine Grundlage, um das
143 Bürgervertrauen in elektronische Verwaltung zu stärken.
144 Darüber hinaus gilt es, wichtige Datenschutzgrundsätze, wie
145 beispielsweise die Frage der Zweckbindung und der
146 Erforderlichkeit, durch die zur Verfügung stehenden Mittel
147 von Beratung, Kontrolle, Technik, und Aufsicht täglich
148 unmittelbar in die elektronische Verwaltung umzusetzen. Eine
149 erfolgreiche Umstellung auf E-Government-Dienstleistung
150 geschieht daher sowohl unter Wahrung datenschutzrechtlicher
151 Anforderungen als auch durch Effizienzerhöhung der
152 Arbeitsabläufe. IT-basierte Verwaltungsdienstleistungen
153 werden umso mehr in Anspruch genommen, als Bürgerinnen und
154 Bürger in die sichere Verwendung ihrer Daten vertrauen und
155 davon überzeugt sind, dass die Grundsätze der
156 Datensparsamkeit und Zweckbindung besonders bei
157 E-Government-Dienstleistungen „gelebt“ werden.
158
159 Eine wichtige Herausforderung der öffentlichen Hand im
160 Rahmen modernen E-Governments ist auch der Schutz der Rechte
161 der Nutzerinnen und Nutzern sozialer Netzwerke. Die
162 Interaktionsmöglichkeiten des Web 2.0, insbesondere durch
163 soziale Netzwerke und Portale, ermöglichen auf der einen
164 Seite eine schnelle Rückkopplung zu den nutzenden
165 Bürgerinnen und Bürgern, um so noch besser auf deren
166 Anforderungen und Anliegen einzugehen. Auf der anderen Seite
167 gibt es aber auch noch vielfältige Schwierigkeiten bei der
168 Durchsetzung nationalen Datenschutzrechts bei international
169 agierenden, und im Ausland ansässigen Anbietern. [FN: Vgl.
170 hierzu PG Datenschutz Kapitel 2.1.9]
171
172 Darüber hinaus besteht das grundsätzliche Risiko, dass die
173 Verlagerung von eigentlich öffentlicher Kommunikation in
174 soziale Netzwerke zu einer Exklusion und Ausgrenzung von
175 Bürgerinnen und Bürgern führt, die eben nicht Mitglied in
176 den entsprechenden sozialen Netzwerken sind. Darüber hinaus
177 können die Betreiber entsprechender Plattformen auch alle
178 zur Verfügung gestellten Informationen und personenbezogenen
179 Daten auswerten und nutzen. Dies kann je nach Angebot zu
180 erheblichen Akzeptanzproblemen bei den Nutzerinnen und
181 Nutzern bzw. zu einem deutlich angepassten Nutzungsverhalten
182 führen. E-Government-Strategien müssen daher bei einer
183 Nutzung von Social Media-Plattformen auch diese Effekte von
184 Beginn an berücksichtigen und in ihre Überlegungen mit
185 einbeziehen.
186
187 Teilhabe durch offene Standards und Barrierefreiheit in
188 E-Government- Dienstleistungen
189 Um die Teilnahmemöglichkeit aller Bürgerinnen und Bürger an
190 E-Government-Angeboten zu gewährleisten, ist es für den
191 Staat eine große Herausforderung, deren äußerst
192 unterschiedliche Computer-Ausstattung zu berücksichtigen und
193 in allen E-Government-Dienstleistungen mit offenen Standards
194 und Barrierefreiheit zu verwirklichen.
195
196
197 Transparenz /Mobilität
198
199 Ein großer Vorteil von E-Government-Dienstleistungen kann im
200 Transparenzpotential und der Komfortabilität für Bürgerinnen
201 und Bürger bestehen. IT-Dienstleistungen, die Vertrauen
202 schaffen und einen Beitrag zur Transparenz von
203 Verwaltungsprozessen leisten, können die Nutzung für
204 Bürgerinnen und Bürger komfortabel und attraktiv machen.
205 Eine weitere Herausforderung aber auch Chance wird darin
206 bestehen, die bisher bereits vorhandenen aber auch die
207 zukünftig noch folgenden Dienste und E-Government-Angebote
208 auch als mobile Dienste zu konzipieren und anzubieten. Mit
209 der Verbreitung mobiler Endgeräte werden schließlich auch
210 die Anforderungen an mobile E-Government-Dienste steigen.
211 Behörden werden daher mittel- und langfristig sicherstellen
212 müssen, dass ihre Angebote auch mobil abrufbar und nutzbar
213 sind; zumindest soweit sie hierzu geeignet sind.
214
215
216 Schlussbetrachtung
217
218 Eine zentrale Herausforderung für E-Government in
219 Deutschland besteht darin, eine demokratische Raumordnung
220 für die Informationsgesellschaft zu schaffen. Rechtliche,
221 technische und soziale Standards müssen hierfür fortlaufend
222 gesetzt und angepasst werden, um auch in Zukunft die
223 Daseinsvorsorge zu garantieren. Dabei stellt sich für die
224 Verwaltung die Frage, ob eine IT-Umsetzung sinnvoll ist und
225 wie sie sowohl den Bürgerinnen und Bürgern als auch den
226 Unternehmen einen guten und kosteneffizienten Service
227 anbietet, der dem technischen Stand der Zeit entspricht,
228 ohne jemanden grundsätzlich von der Nutzung staatlicher
229 Angebote auszuschließen. Hierbei sollte idealerweise der
230 Staat auch noch der ihm zugeschriebenen Vorbildfunktion bei
231 der Gestaltung und Ausprägung der angebotenen
232 Dienstleistungen (beispielsweise durch offene Standards)
233 gerecht werden.
234
235 Werden IT-Projekte in Kooperation mit privaten Unternehmen
236 realisiert, so gilt es zu beachten, dass öffentlich private
237 Partnerschaften oder aber ein Outsourcing von Leistungen in
238 einem Spannungsverhältnis zu den Anforderungen an die
239 Selbstverwaltung und die Steuerungsfähigkeit der
240 öffentlichen Hand stehen können.
241
242 IT-basiertes Regieren und Verwalten birgt somit nicht nur
243 ein großes Potenzial für neue, bessere und effizientere
244 gemeinwohlorientierte öffentliche Dienste, sondern auch neue
245 Möglichkeiten der Teilhabe und Partizipation der Bürgerinnen
246 und Bürgern sowie neue Geschäftsmodelle für Unternehmen.
247 E-Government kann aber auch, wenn die politischen und
248 organisatorischen Rahmenbedingungen nicht stimmen oder aber
249 die rechtlichen nicht beachtet werden, das Gegenteil
250 bewirken: Soziale Ausgrenzung, Entdemokratisierung,
251 rechtswidrige Überwachung, Abbau von Bürger- und
252 Beschäftigtenrechten und einen Anstieg an Bürokratie und
253 enorme Kosten für den Steuerzahler.

Vorschlag

  1. Bewerten Sie die Original- und die eingebrachten Versionen eines Papiers, indem Sie über die Pfeile Ihre Zustimmung (hoch) oder Ablehnung (runter) ausdrücken. Sie können dabei auch mehreren Versionen zustimmen oder diese ablehnen.

  2. Wählen Sie, ob Änderungen im Vergleich zur Originalversion hervorgehoben werden sollen.

  3. Sie können hier auch eine neue Version des Papiers einbringen.