02.03.01.05 Bestandsaufnahme und Trends digitaler Beteiligungsformen an legislativen Debatten und Trends - Kommunen

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    von EnqueteSekretariat, angelegt
    1 Bürgerentscheide kann es ebenso wie Wahlen derzeit nicht im
    2 Internet geben. Das Bundesverfassungsgericht hat der
    3 Verwendung von Wahlcomputern/elektronischen Wahlen eine
    4 Absage erteilt, da die Wahlgrundsätze – insbesondere der
    5 Öffentlichkeitsgrundsatz – bei deren Verwendung nicht
    6 gewahrt werden. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind
    7 unter Umständen unterschiedlich zu behandeln. Um das nötige
    8 Quorum für das Bürgerbegehren zu erreichen, sollte bei
    9 entsprechender Ausgestaltung des Verfahrens eine
    10 Realisierung unter Zuhilfenahme des Internets möglich sein.
    11 Gefordert wird die schriftliche Einreichung im Original. Die
    12 Schriftform lässt sich durch die elektronische Form
    13 ersetzen. Jedoch steht es den Ländern frei, die
    14 elektronische Form auszuschließen. Explizit getan hat dies
    15 beispielsweise das Land Hessen, hier darf die Schriftform
    16 nicht durch die elektronische Form ersetzt werden, § 8b Abs.
    17 3 S. 4 HGO. Das Bereitstellen von Unterschriftslisten zum
    18 Download begegnet keinen Bedenken.
    19
    20 Die Bürgerbefragung tritt in verschiedenen Formen auf, etwa
    21 wie die Stadt ihre Ausgaben planen soll, wo nach Bürgersicht
    22 Einsparpotenziale bestehen oder wie bestimmte Gebäude
    23 künftig genutzt werden sollen. Allen gemein ist, dass die
    24 Entscheidungsgewalt nicht auf den Bürger übergeht und er
    25 sich nur in den Diskussionsprozess einbringen darf.
    26 Insbesondere sind die folgenden beiden Ausprägungen zu
    27 nennen:
    28
    29 Bürgerhaushalte erfreuen sich bundesweit mittlerweile einer
    30 gewissen Beliebtheit. Rund 100 Gemeinden machen bereits
    31 davon Gebrauch. [FN: http://www.buergerhaushalt.de/karte]
    32 Die Beteiligung der Bevölkerung an den Bürgerhaushalten
    33 liegt in aller Regel bei lediglich ein bis zwei Prozent.
    34 [FN:
    35 http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article13484016/We
    36 nn-der-Buerger-mitbestimmt.html] Dabei ist das Verfahren
    37 i.d.R. so ausgestaltet, dass über einen gewissen Zeitraum
    38 Vorschläge gesammelt werden, die die Bürger im Internet zur
    39 Diskussion gestellt haben. Von diesen Vorschlägen werden
    40 nach Ende des Beteiligungszeitraums diejenigen ausgewählt,
    41 die die meiste Zustimmung gefunden haben. Diese Vorschläge
    42 werden dann dem zur Entscheidung berufenen Organ vorgelegt,
    43 welches sodann darüber abstimmt. [FN:
    44 http://www.buergerhaushalt-lichtenberg.de/index.php?page=inf
    45 opage&id_page=209&menucontext=32&submenucontext=209] Denn
    46 bei aller Beteiligung der Bürger ist stets zu Bedenken, dass
    47 das Haushaltsrecht eine Kompetenz der jeweiligen Kommune
    48 ist, die nicht an den Bürger delegiert werden darf, Art. 28
    49 Abs. 2 GG. Aus diesem Grund sind in den jeweiligen
    50 Gemeindeordnungen Haushaltsfragen aus dem Katalog möglicher
    51 Bürgerentscheide ausgenommen, stellvertretend Art. 18a Abs.
    52 3 a.E. BayGO.
    53 Die elektronische Bürgerbeteiligung bei der Stadtentwicklung
    54 hat Einzug in das BauGB gefunden. In § 4a Abs. 4 BauGB wird
    55 ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen, bei der Bürger- und
    56 Behördenbeteiligung ergänzend elektronische Medien
    57 einzusetzen. Auch sonst machen Gemeinden von der Möglichkeit
    58 Gebrauch, ihre Bürger in den Ideenfindungsprozess mit
    59 einzubeziehen. Sie können Vorschläge machen, was mit einem
    60 bestimmten Areal künftig geschehen soll, so z. B. in
    61 Eschborn, [FN: https://www.eopinio.de/beteiligung/8] oder
    62 welchen Namen neue Bauwerke tragen sollen, wie
    63 beispielsweise in Schwäbisch-Gmünd. [FN:
    64 http://www.faz.net/artikel/C30176/facebook-aktion-jetzt-soll
    65 -es-ein-bad-spencer-geben-30474607.html] Die
    66 Entscheidungsgewalt wird allerdings auch hier nicht an die
    67 Bürger übertragen und bleibt bei dem Vertretungsorgan. Diese
    68 Form der Bürgerbeteiligung wie auch der Bürgerhaushalt
    69 findet nicht vorbehaltlos sofort Akzeptanz. Vielmehr muss
    70 die Akzeptanz über einen längeren Zeitraum erarbeitet
    71 werden, indem die Eingaben der Bürger ernst genommen werden.
    72
    73 In Brandenburg wurde ein Portal verwirklicht, mit Hilfe
    74 dessen die Bürger ihren Kommunen Straßenschäden, wilde
    75 Mülldeponien oder Barrieren für ältere und behinderte
    76 Menschen melden können. [FN:
    77 http://maerker.brandenburg.de/lis/list.php?page=maerker] Die
    78 Eingaben werden mit einer Ampel auf einer Karte vermerkt, an
    79 deren Signal sich der aktuelle Bearbeitungsstand ablesen
    80 lässt. So sieht der Bürger, dass seine Eingabe den richtigen
    81 Empfänger erreicht hat, dass eine Lösung des Problems in
    82 Arbeit ist bzw. wann die Bearbeitung abgeschlossen wurde.
    83 Durch diese Einbindung, die Möglichkeit den aktuellen Stand
    84 mit verfolgen zu können, ist der Anreiz sich zu beteiligen
    85 deutlich höher.
    86
    87 Ein weiteres Projekt zur Einbeziehung der Bürger stellen
    88 „runde Tische“ dar. Ein solcher kann die Voraussetzungen
    89 dafür schaffen, dass ein bestimmtes Thema betreffend
    90 Informationen und Ressourcen gesammelt und Lücken
    91 festgestellt werden können, um so gemeinsam mit betroffenen
    92 Bürgern, Experten, Beratern und der Verwaltung
    93 Lösungsvorschläge für den entsprechenden Problemkreis zu
    94 erarbeiten. Beispiele sind runde Tische zu Fragen kommunaler
    95 Kriminalitätsprävention in Baden-Württemberg [FN:
    96 http://www.seminare-bw.de/servlet/PB/menu/1229504/index.html
    97 ] oder zur Frage, wie man bei gleichzeitiger Stärkung der
    98 Chancengleichheit die Benachteiligung von Kindern bekämpfen
    99 kann; so initiiert in Nordrhein-Westfalen. [FN:
    100 http://www.mags.nrw.de/04_Soziales/4_Soziales_Netz/Gegen_Kin
    101 derarmut/Runder_Tisch/index.php] Hier wird aber lediglich
    102 auf diese Form der Beteiligung im Internet hingewiesen bzw.
    103 darüber informiert. Eine tatsächliche Online-Beteiligung der
    104 Bürger an einem konkreten Prozess ist nicht realisiert.
    105 Schließlich finden sich eine Reihe von Bürgerinitiativen,
    106 welche eben nicht von staatlicher Seite initiiert wurden,
    107 sondern auf der privaten Initiative von Bürgern gründen, die
    108 Missstände in ihrer Gemeinde anprangern und so die
    109 Verwaltung zum Handeln auffordern wollen. Oft finden sich
    110 derartige lokale Bürgerinitiativen, um auf
    111 Infrastrukturdefizite hinzuweisen, wie z.B. in Frankfurt.
    112 [FN: http://www.frankfurt-gestalten.de/]