02.03.01.04 Bestandsaufnahme und Trends digitaler Beteiligungsformen an legislativen Debatten und Trends - Europäischer Vergleich

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    von EnqueteSekretariat, angelegt
    1 Neben der Möglichkeit, Petitionen direkt an die Parlamente
    2 zu richten, besteht in vielen Staaten in Europa auch die
    3 Möglichkeit, sich an eine nationale Ombudsstelle zu wenden.
    4 In den skandinavischen und baltischen Staaten ist die
    5 nationale Ombudsstelle beispielsweise das einzige
    6 vergleichbare Instrument. Dort bearbeiten die Parlamente
    7 selbst keine Petitionen.
    8
    9 Die nationalen Regelungen auf dem Gebiet des Petitionsrechts
    10 zeichnen sich daher durch eine hohe Heterogenität aus. So
    11 setzen manche Länder stark auf die Einbeziehung des
    12 Internets (9 von 21 Staaten) Andere informieren ihre
    13 Bürgerinnen und Bürger über das Fernsehen (Österreich,
    14 Tschechien), über SMS (Schottland), eigene Blogs
    15 (Schottland, Frankreich) oder haben gar auf das
    16 Schriftformerfordernis verzichtet, um größtmögliche
    17 Beteiligung der Bevölkerung zu erzielen (Portugal,
    18 Slowenien, Ungarn). [FN: Büro für Technikfolgenabschätzung,
    19 Elektronische Petitionen und Modernisierung des
    20 Petitionswesens in Europa, Stand Juni 2011.]
    21
    22
    23 Europäisches Parlament
    24
    25 Auch das Europäische Parlament ermöglicht es den Bürger,
    26 Petitionen (Art. 227 AEUV) über das Internet einzureichen.
    27 [FN:
    28 https://www.secure.europarl.europa.eu/parliament/public/peti
    29 tion/secured/submit.do?language=DE] Schließlich gibt es eine
    30 Art Forum [FN: http://ec.europa.eu/yourvoice/index_de.htm],
    31 in dem sich die EU-Bürger „aktiv an der Gestaltung von
    32 EU–Politik beteiligen können“.
    33 Weiter befindet sich die sog. „Europäische Bürgerinitiative“
    34 (ECI) [FN:
    35 http://ec.europa.eu/dgs/secretariat_general/citizens_initiat
    36 ive/index_de.htm] in Planung, welche mit dem Vertrag von
    37 Lissabon [FN:
    38 http://eur-lex.europa.eu/JOHtml.do?uri=OJ:C:2007:306:SOM:DE:
    39 HTML] eingeführt wurde. Im Unterschied zu einer Petition,
    40 die nicht notwendigerweise Gesetzvorschläge betreffen muss,
    41 ist die Bürgerinitiative eine direkte Aufforderung an die
    42 Kommission, einen neuen Rechtsakt vorzuschlagen. Die
    43 Bürgerinitiative wird es ermöglichen, dass mindestens eine
    44 Million Staatsangehörige aus mindestens einem Viertel der
    45 EU-Mitgliedstaaten die Europäische Kommission zur Vorlage
    46 eines Vorschlags in einem in ihre Zuständigkeit fallenden
    47 Bereich auffordern können, Art. 11 Abs. 4 EUV. Die
    48 Organisatoren einer solchen Initiative, bei denen es sich um
    49 einen Bürgerausschuss bestehend aus mindestens sieben
    50 EU-Staatsangehörigen handeln muss, die in mindestens sieben
    51 unterschiedlichen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, haben
    52 ein Jahr Zeit, die erforderlichen Unterstützungsbekundungen
    53 zu sammeln. Sollen die Stimmen (auch) online gesammelt
    54 werden, müssen die Organisatoren die zuständige nationale
    55 Behörde des EU-Landes, in dem die Daten gespeichert werden,
    56 auffordern, ihr Online-Sammelsystem zu zertifizieren. Die
    57 Behörde muss innerhalb eines Monats antworten. Die
    58 Kommission wird den Organisatoren eine Open–Source-Software
    59 für die Online-Sammlung von Unterstützungsbekundungen zur
    60 Verfügung stellen. Sie wird darüber hinaus technische
    61 Spezifikationen festlegen, um die Organisatoren bei der
    62 Entwicklung ihres Sammelsystems zu unterstützen. Die Anzahl
    63 dieser Unterstützungsbekundungen muss von den zuständigen
    64 Behörden in den Mitgliedstaaten bescheinigt werden. Die
    65 Kommission hat danach drei Monate Zeit für die Prüfung der
    66 Initiative und die Festlegung des weiteren Vorgehens. Gemäß
    67 den Vorschriften der Verordnung über die Bürgerinitiative
    68 [FN:
    69 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2
    70 011:065:0001:0022:DE:PDF] wird es erst ab dem 1. April 2012
    71 möglich sein, eine europäische Bürgerinitiative einzuleiten.
    72 Das hierzu erforderliche nationale Umsetzungsgesetz hat der
    73 Deutsche Bundestag am 15.12.2011 verabschiedet.
    74
    75 Der Online-Auftritt des Rates der Europäischen Union bietet
    76 keinen Hinweis auf eine über die zuvor beschriebenen
    77 Möglichkeiten hinausgehende Option zur direkten Einbindung
    78 der EU-Bürger in den legislativen Prozess.