01.02 Auswirkungen der digitalen Vernetzung auf das Verhältnis Bürger/Staat

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  • 01.02 Auswirkungen der digitalen Vernetzung auf das Verhältnis Bürger/Staat (Originalversion)

    von EnqueteSekretariat, angelegt
    1 *Papier der Projektgruppe als Grundlage der weiteren
    2 Diskussion, Verfasser: FDP-Fraktion; Arbeitsstand nach der
    3 Sitzung vom 24. Oktober 2011 und anschließender
    4 Referentenrunde. Änderungen und Ergänzungen können sich aus
    5 der Projektgruppensitzung am 7. November oder später
    6 ergeben.*
    7
    8
    9 Die digitale Vernetzung hat nicht nur das Wirtschafts- und
    10 Gesellschaftsleben verändert, sondern prägt auch zunehmend
    11 das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat bzw. seinen
    12 Repräsentanten.
    13
    14 Die Möglichkeiten der Information im Internet ohne direkte
    15 Ansprache von Politikern oder Amtsträgern ist stark
    16 angestiegen. Informationen über politische Ereignisse oder
    17 Entscheidungen, über gesellschaftliche Fragen oder die
    18 Voraussetzungen für staatliche Leistungen im weitesten Sinne
    19 sind damit leichter zugänglich geworden: es muss kein Weg
    20 zurückgelegt, keine Öffnungszeiten beachtet, keine
    21 Wartemarke gezogen werden, um an diese Informationen zu
    22 gelangen. Diese Orts- und Zeitunabhängigkeit führt dazu,
    23 dass wichtige und interessante Informationen jederzeit
    24 abrufbar sein können. Dies trägt dazu bei, dass mehr
    25 Menschen Zugang zu diesen Informationen haben können,
    26 vorausgesetzt, die technischen, materiellen und kulturellen
    27 Voraussetzungen sind gegeben.
    28
    29 Dort wo ein persönliches Erscheinen noch erforderlich ist,
    30 ist durch das Internet eine bessere Vorbereitung möglich, da
    31 Informationen zu dem Vorgang bereits im Vorfeld des Besuchs
    32 bei der Behörde online verfügbar sind. Formulare könnten
    33 beispielsweise vorab heruntergeladen und bearbeitet werden,
    34 das könnte Zeit und würde die Behörden entlasten.
    35
    36 Gleichzeitig ist mit der zunehmenden Vernetzung der
    37 Gesellschaft die fernkommunikative Kontaktaufnahme zu
    38 Abgeordneten und Amtsträgern einfacher geworden. Damit hat
    39 die Zahl der direkten Meinungsäußerungen gegenüber Mandats-
    40 und Amtsträgern ebenso zugenommen wie die Erwartung einer
    41 kurzfristigen Reaktion auf diese Kontaktaufnahmen. Die
    42 Ansprache erfolgt dabei beispielweise als direkte E-Mail,
    43 über die jeweiligen Internetseiten, über Profile in sozialen
    44 Netzwerken oder über spezifische Portale wie
    45 Abgeordnetenwatch.
    46
    47 Ein hohes Maß an Transparenz seitens der Politik ist für
    48 viele Bürgerinnen und Bürger von großer Bedeutung. Mehr
    49 Information für Bürgerinnen und Bürger und ein Dialog mit
    50 ihnen kann das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat
    51 verbessern. Das Internet kann dabei unterstützend wirken,
    52 z.B. hinsichtlich der Bereitstellung von Informationen.
    53
    54 Öffentliche Portale wie Abgeordnetenwatch und Webseiten von
    55 Entscheidungsträgern und politischen Institutionen können zu
    56 mehr Transparenz für den Bürger führen. Er kann sich über
    57 aktuelle Entscheidungen, Prozesse und Vorhaben jederzeit
    58 informieren. Ziel muss es daher sein, eine größtmögliche
    59 Transparenz ohne ein Überschreiten der vom Grundgesetz
    60 vorgegebenen verfassungsrechtlichen Grenzen zu erreichen.
    61
    62 Transparenz wird nicht nur durch die öffentliche
    63 Präsentation im Internet geschaffen, sondern auch durch die
    64 Bereitschaft des Staates Digitalisierung und Vernetzung zu
    65 nutzen und entsprechend Informationen und
    66 Partizipationsmöglichkeiten bereitzustellen. „Bereits im
    67 Bundestagswahljahr 2009 informierten sich laut einer Forsa
    68 Bevölkerungsbefragung im Auftrag des BITKOM 45% der
    69 Bundesbürger über politische Themen im Internet. Damit
    70 fungierte das Internet hinter Fernsehen (83%),
    71 Tageszeitungen (72%), Radio (58%) und persönlichen
    72 Gesprächen mit Freunden, Bekannten, Nachbarn oder
    73 Arbeitskollegen schon als eine der fünf wesentlichen
    74 politischen Informationsquellen und lag damit noch vor
    75 Wochenzeitungen (40%) oder den Informationsmaterialien der
    76 Parteien (22%). Bei jungen Bürgern war das Internet im
    77 letzten Bundestagswahljahr das wichtigste Medium, um sich
    78 über politische Themen ein Bild zu machen. Hier gaben drei
    79 Viertel der Befragten an, sich über das Internet zu
    80 informieren. Im Internet nutzten die Bürger vor allem die
    81 Internetseiten klassischer Medien wie Zeitungen,
    82 Zeitschriften, Radio und Fernsehen (81%). 35% nutzten die
    83 Seiten der politischen Parteien und 27% Internetseiten von
    84 Ministerien, Behörden sowie Nicht-Regierungsorganisationen
    85 wie Gewerkschaften, Verbände und Umweltorganisationen.
    86 Politische Parteien, Entscheidungs- und Mandatsträger, sowie
    87 politische Institutionen und Verwaltungen müssen sich im
    88 Netz präsentieren. Die Bedeutung des Internets für die
    89 Politik wurde im Bundestagswahljahr 2009 von den Bürgern
    90 hoch eingeschätzt. Ein guter Politiker musste nach
    91 Auffassung von 80% der Befragten im Internet vertreten sein
    92 und für 44% war der Einsatz des Internets entscheidend, um
    93 Wahlen zu gewinnen (Forsa/BITKOM 2009). Die Transparenz, die
    94 dadurch geschaffen wird, ermöglicht, dass Bürgerinnen und
    95 Bürger auf andere Art in laufende Prozesse einbezogen
    96 werden, sich beteiligen und dadurch auch innerhalb einer
    97 Wahlperiode Kontrolle ausüben könnten.
    98 49% der befragten Bürger sahen bereits 2009 im Internet neue
    99 Wege der politischen Partizipation. 39% hätten gerne die
    100 Möglichkeit, sich über das Internet an politischen
    101 Entscheidungen zu beteiligen (Forsa/BITKOM 2009). Seit 2009
    102 ist die Bedeutung des Internets für die Demokratie aus Sicht
    103 der Bürger nochmals deutlich gestiegen. Nach der Befragung
    104 von Aris im Auftrag des BITKOM aus dem Jahr 2011 teilen 64%
    105 der Befragten die Aussage, dass das Internet zu mehr
    106 Demokratie beiträgt. 44% sind der Auffassung, persönlich
    107 durch das Internet Politik mitgestalten zu können
    108 (Aris/BITKOM 2011).
    109
    110 Die Forsa-Umfrage im Auftrag des BITKOM von 2009 zeigt
    111 dabei, dass insbesondere die formal höher Gebildeten gerne
    112 von den digitalen Partizipationsmöglichkeiten Gebrauch
    113 machen möchten, bei formal geringer Gebildeten, Älteren und
    114 Arbeitern nimmt das Interesse signifikant ab. Insgesamt
    115 lässt sich sagen, dass die Mehrheit der Bundesbürger die
    116 Demokratie durch das Internet gestärkt sieht und neue Formen
    117 der politischen Beteiligung erkennt. Die Transparenz, die
    118 dadurch geschaffen wird, ermöglicht, dass Bürgerinnen und
    119 Bürger auf andere Art in laufende Prozesse einbezogen
    120 werden, sich beteiligen und dadurch auch innerhalb einer
    121 Wahlperiode Kontrolle ausüben könnten.